Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1685
Der Arbeitnehmer kann die Rechtmäßigkeit einer Versetzung entweder durch Erhebung einer Feststellungsklage klären lassen oder er kann auf vertragsgemäße Beschäftigung klagen. Dabei handelt es sich um eine Klage auf künftige Leistung gemäß § 259 ZPO, bei der als Vorfrage die Rechtmäßigkeit der Versetzung zu prüfen ist. Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Tätigkeit und die Zuweisung einer neuen Tätigkeit aufgespalten werden kann. Der Entzug von allen Arbeitstätigkeiten (Versetzung in die Nichtbeschäftigung) und die Weiterbeschäftigung mit den bisherigen Tätigkeiten sind zwei Seiten desselben Streitgegenstandes. Die Formulierung des Begehrens in mehreren Anträgen führt nicht dazu, dass der Gegenstandswert den Wert einer "normalen" Weiterbeschäftigungsklage (regelmäßig ein Bruttomonatsgehalt, bei Besonderheiten bis zu zwei Gehältern) übersteigt.
Erweist sich eine Versetzung als unwirksam, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung mit seiner bisherigen Tätigkeit am bisherigen Ort. Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) unterliegen. Ein ausreichend bestimmter (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) Leistungsantrag auf Beschäftigung bietet Vorteile im Hinblick auf seine Vollstreckbarkeit nach § 888 ZPO im Falle der Nichtbefolgung durch den Arbeitgeber. Andererseits verbleiben auch hier Gestaltungsspielräume in Anbetracht des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts und der damit verbundenen Konkretisierung der Arbeitsleistung. Ein Anspruch auf Beschäftigung mit ganz bestimmten Tätigkeiten steht dem Arbeitnehmer nur dann zu, wenn die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages auf diese Tätigkeiten beschränkt ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Direktionsrechts auch andere Tätigkeiten zuweisen kann. Für eine Konkretisierung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers auf einen ganz bestimmten Arbeitsplatz sind wegen der damit verbundenen Rechtsfolgen strenge Anforderungen zu stellen. Neben der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit über einen längeren Zeitraum (sog. Zeitmoment) müssen besondere Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Arbeitnehmer nach dem übereinstimmenden Parteiwillen künftig nur noch eine ganz bestimmte Tätigkeit schulden sollte (sog. Umstandsmoment).
Die Bezeichnung der Tätigkeit, auf die sich der Weiterbeschäftigungsantrag bezieht, muss einerseits so bestimmt sein, dass der Antrag vollstreckbar ist, andererseits darf die Tätigkeit nicht enger eingegrenzt werden, als der geschuldete Aufgabenbereich vertraglich festgelegt ist. Erhebt ein Arbeitnehmer Beschäftigungsklage im Hinblick auf eine konkret zu verrichtende Tätigkeit, ist er verpflichtet, in einem ersten Schritt seine tatsächliche Arbeitsleistung nach den konkreten arbeitsvertraglichen Vereinbarungen darzulegen. Erst dann kann das Gericht beurteilen, ob die Veränderung dieser zugewiesenen Arbeit durch die Arbeitgeberin im Einzelfall eine rechtswidrige Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts darstellt. Ohne Kenntnis vom Umfang des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts kann das Gericht auch dessen billige Ausübung oder eine etwaige Überschreitung nicht feststellen. Beruft sich ein Arbeitnehmer darauf, dass eine Veränderung in der zugewiesenen Arbeit unbillig i.S.d. § 106 S. 1 GewO sei und damit eine rechtswidrige Ausübung des Direktionsrechts darstelle, hat er des Weiteren substantiiert darzulegen, wie seine Arbeitstätigkeit vor der Umstrukturierung im Einzelnen in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht ausgestaltet war und wie die Arbeitstätigkeit nach der Umstrukturierung nunmehr ausgestaltet ist. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber in einem Arbeitsbereich, der sich mit der Betreuung von Kunden befasst, in seiner unternehmerischen Freiheit wählen dürfen muss, wem er die Betreuung seiner Kunden im Unternehmen zur Bearbeitung zuweist.
Ggf. verlagert sich der Rechtstreit der Parteien an dieser Stelle in das Vollstreckungsverfahren, wenn über die (unzureichende) Erfüllung des titulierten Anspruchs unterschiedliche Auffassungen der Vertragsparteien bestehen. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung eines Weiterbeschäftigungstitels nach § 888 ZPO ist der Einwand der Erfüllung beachtlich. Die Existenz eines Weiterbeschäftigungstitels schließt die Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber nicht aus. Es ist nicht Aufgabe des Zwangsvollstreckungsverfahrens zu prüfen, welche Tätigkeiten dem Arbeitnehmer vertragsgerecht zugewiesen werden können. Im Vollstreckungsverfahren ist zu überprüfen, ob der Gläubiger der Verpflichtung aus dem Titel entsprechend beschäftigt wird, nicht aber, worin diese Verpflichtung besteht. Einzelheiten, welche Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten mit einer be...