Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 1083
Die Anordnung von Mehrarbeit ermöglicht es dem Arbeitgeber, flexibel auf zeitweise erhöhten Arbeitsanfall etwa durch konjunkturellen Aufschwung oder durch Personalengpässe zu reagieren. Neben der Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers ist dabei v.a. die Frage der Vergütung der zusätzlichen Arbeitsleistung maßgeblicher Schwerpunkt der Vertragsgestaltung.
Rz. 1084
In Rechtsprechung und Literatur werden die Begriffe Mehrarbeit, Überstunden und Überarbeit uneinheitlich verwandt, auch der Gesetzgeber selbst verwendet etwa in § 11 Abs. 1 BUrlG und § 4 Abs. 1a S. 1 EFZG den Begriff der Überstunden, in § 4 Abs. 1 MuSchG, § 207 SGB IX oder § 151 Abs. 3 SGB III demgegenüber den Begriff der Mehrarbeit. Richtigerweise muss zur sachgerechten Abgrenzung der Begriffe zunächst der Begriff der regelmäßigen Arbeitszeit bestimmt werden. Arbeitszeit ist gem. § 2 Abs. 1 S. 1 ArbZG die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit, unter Ausschluss gesetzlich vorgesehener Ruhepausen. Die nach dem Arbeitszeitgesetz höchstzulässige Arbeitszeit beträgt dabei – vorbehaltlich anderslautender kollektivrechtlicher Regelungen – gem. § 3 ArbZG werktäglich acht Stunden, mithin 48 Stunden wöchentlich; eine Verlängerung der Arbeitszeit auf zehn Stunden täglich bzw. 60 Stunden wöchentlich ist zulässig, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen die zulässige Höchstarbeitszeit im Durchschnitt eingehalten wird. Innerhalb der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit ergibt sich die individuelle regelmäßige Arbeitszeit eines Arbeitnehmers aus den für ihn geltenden individual- oder kollektivvertraglichen Regelungen. Hiervon ausgehend beinhaltet der Begriff der Mehrarbeit diejenige Arbeitszeit, die die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit von acht Stunden täglich bzw. 48 Stunden wöchentlich überschreitet. Überstunden sind demgegenüber diejenigen Arbeitszeiten, die die für das Arbeitsverhältnis geltende regelmäßige tarifliche, betriebliche oder individualvertragliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers überschreiten. Wird Mehrarbeit geleistet, beinhaltet dies somit stets auch die Ableistung von Überstunden.
Rz. 1085
Individualvertragliche Vereinbarungen über den Umfang der gesetzlichen Höchstarbeitszeit sind gem. § 7 ArbZG grds. unzulässig, so dass sich entsprechende Vereinbarungen stets nur auf eine Verlängerung der individuellen Arbeitszeit durch Überstunden beziehen können. Bei der Auslegung ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine synonyme Verwendung beider Begriffe für diejenigen Arbeitszeiten, die vorübergehend die individuelle Arbeitszeit überschreiten, weit verbreitet ist.