Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 1633
Durch die Ausübung seines Direktionsrechts ist es dem Arbeitgeber möglich, die von dem Arbeitnehmer zu verrichtenden Tätigkeiten, ihre Reihenfolge sowie die Begleitumstände der Arbeit festzulegen. Üblicherweise werden die dem Arbeitnehmer obliegenden Aufgaben und Tätigkeiten in einer Stellenbeschreibung zusammengefasst, um den Arbeitsplatz in seiner Wertigkeit und seinen Anforderungen beweisbar zu beschreiben. Auch wenn der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts grundsätzlich befugt ist, den Arbeitsbereich des Arbeitnehmers zu verkleinern, muss seine Maßnahme billigem Ermessen entsprechen (§ 315 Abs. 3 BGB). Dazu gehört, dass alle wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind. Grundsätzlich können die Parteien die Reichweite des Direktionsrechts im Vertrag vereinbaren. Haben die Parteien keine bestimmte Tätigkeit, sondern lediglich eine allgemeine Beschreibung (z.B. Angestellter, Arbeiter) in den Vertrag aufgenommen, wie es besonders in den Musterverträgen des öffentlichen Dienstes häufig geschieht, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer grundsätzlich alle im Rahmen der vereinbarten Vergütungsgruppe liegenden Tätigkeiten zuweisen. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer eine bestimmte Funktion (Fachleiterin für den sprachlichen Fachbereich an einem Gymnasium) im Weg des Weisungsrechts (§ 106 S. 1 GewO, § 315 BGB) entziehen, wenn dieser Teil der Tätigkeit nicht Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geworden ist und dem Arbeitnehmer im Rahmen billigen Ermessens eine Tätigkeit auch ohne diese Aufgabe zuweisen.
Rz. 1634
Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer zur Teilnahme an (Personal-)Gesprächen zu verpflichten, in denen er Weisungen vorbereiten, erteilen oder ihre Nichterfüllung beanstanden will. Die Teilnahme an Gesprächen, die mit den im Gesetz genannten Zielen nicht im Zusammenhang stehen, wie zum Beispiel Gespräche, in denen es ausschließlich um Verhandlungen mit dem Ziel einer vom Arbeitnehmer bereits abgelehnten Vertragsänderung oder -aufhebung gehen soll, kann der Arbeitgeber allerdings nicht durch einseitige Anordnung zu der nach § 106 GewO verbindlichen Dienstpflicht erheben. Während der Dauer einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur dann anweisen, zu einem Personalgespräch in den Betrieb zu kommen, wenn hierfür ein dringender betrieblicher Anlass besteht, der einen Aufschub der Weisung auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit nicht gestattet, und die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb dringend erforderlich ist und ihm zugemutet werden kann. Eine auf die Verweigerungshaltung des Arbeitnehmers gestützte Abmahnung ist unberechtigt.
Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich auch dazu verpflichtet, an einer Mitarbeiterbefragung teilzunehmen, sofern die Teilnahme von dem Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO gedeckt ist.
Rz. 1635
Über "normale" Arbeitsanweisungen hinaus ist der Arbeitgeber auch berechtigt, den Arbeitnehmer anzuweisen, an Schulungen teilzunehmen und entsprechende Zertifikate zu erwerben, wenn diese Zertifikate erforderlich sind, um den arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen. In Ausübung des ihm zustehenden Direktionsrechts ist der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt, den Arbeitnehmer anzuweisen, die von ihm erbrachten Arbeitsleistungen zu dokumentieren. Entsprechende Tätigkeitsberichte ermöglichen die Überprüfung der Arbeitsergebnisse, geben Aufschluss über die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers und gewährleisten zudem eine zutreffende Eingruppierung. Allerdings ist der Arbeitgeber bei der Erteilung von Weisungen nicht frei. Soweit Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen ihm Spielraum für Weisungen lassen, muss der Inhalt seiner Weisung "billigem Ermessen" entsprechen. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber seine Weisungen immer unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange und der Interessen des Arbeitnehmers erteilen muss.
Rz. 1636
Das Direktionsrecht eines Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich regelmäßig auf die Zuweisung solcher Tätigkeiten, die den Merkmalen der Vergütungsgruppe entsprechen, für die der Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag eingestellt worden ist. Das Direktionsrecht wird auch nicht dadurch beschränkt, dass dem Arbeitnehmer aus der bisherigen Fallgruppe heraus ein Bewährungsaufstieg möglich war, der ihm aus der nunmehr zugewiesenen Tätigkeit verwehrt ist. So kann die Bestellung zum stellvertretenden Pflegedienstleiter in einem Krankenhaus im Wege des Direktionsrechts wirksam widerrufen werden, wenn die Einsatzmöglichkeiten nicht auf die Funktion eines stellvertretenden Pflegedienstleiters beschränkt sind. Auch bei langjähriger Beschäftigung auf einer bestimmten Stelle konkretisiert sich die Arbeitspflicht nicht ohne besondere Umstände auf diese Tätigkeit, so dass das Direktionsrecht nach § 4 Abs. 1 TVöD (§ 12...