Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 1319
Im Falle der beruflichen Verwendung privater Arbeitnehmer-Accounts in vollständig berufsorientierten (Xing, LinkedIn) bzw. teilweise berufsorientierten (Facebook, Twitter) sozialen Netzwerken stellt sich die Frage, wem die rechtliche Verfügungsgewalt über die Daten an den Accounts nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers zusteht. Die Frage nach dem Schicksal des Accounts ist insbesondere dann interessant, wenn es sich um einen Account mit weitem Wirkungsradius handelt. Häufig hat der Account dem Arbeitgeber auch großen Nutzen beschert, etwa bei der Neukundenakquise, bei der Pflege bestehender Kontakte oder aber auch bei der direkten Kundenkommunikation. Weil der Account dadurch einen wirtschaftlichen Wert für den Arbeitgeber hat, möchte er nach dem Weggang des Arbeitnehmers den Kanal auch dementsprechend weiter nutzen, auf die dort gespeicherten Daten (z.B. Vertriebskontakte) zugreifen, aber auch gleichzeitig den ehemaligen Arbeitnehmer dauerhaft und endgültig von der Nutzungsmöglichkeit des Accounts ausschließen.
Die Klärung der Frage des Schicksals von Social-Media-Accounts unterscheidet sich von den Grundsätzen zur E-Mail-Nutzung, denn anders als bei Unternehmensservern hat der Arbeitgeber hier keinen Zugriff auf die Daten selbst, da diese in der Regel auf ausländischen Servern, derer sich die sozialen Netzwerke bedienen, liegen dürften.
In analoger Anwendung des § 667 BGB muss der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber als nachwirkende arbeitsvertragliche Nebenpflicht alles herausgeben, was er während des Arbeitsverhältnisses erlangt hat. Ein Zurückbehaltungsanspruch nach § 273 BGB wegen anderer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis besteht in der Regel nicht. Klassischerweise fielen hierunter die von einem Arbeitnehmer angefertigte Kundendatei und Kundendaten. Es stellt sich in der digitalisierten Arbeitswelt die Frage, ob der Arbeitnehmer ebenso die Pflicht hat, über die physische Übergabe von Arbeitsmitteln hinaus, die im Account enthaltenen Informationen bzw. den gesamten Account herauszugeben. Eine Herausgabepflicht besteht nur dann, wenn der Arbeitgeber Inhaber des Accounts ist. Das scheidet naturgemäß bei rein privat genutzten Accounts generell aus. Rein dienstlich genutzte Accounts, für die eine geschäftliche E-Mail-Adresse zur Registrierung verwendet und der Geschäftssitz als Adresse angegeben wurde, und für deren ggf anfallende Kosten der Arbeitgeber aufkommt, sind nur dem Arbeitgeber zuzuordnen und an diesen nach § 667 BGB analog herauszugeben. Die Übergabe wird faktisch durch die Übermittlung der Zugangsdaten vollzogen. Von großer praktischer Relevanz sind die Fälle von Accounts, die sowohl Gegenstand der privaten als auch der beruflichen Nutzung sind. Die Einordnung in privat oder geschäftlich erfolgt hier anhand des äußeren Erscheinungsbildes. Je nach Gesamtbetrachtung werden diese bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Ergebnis wie rein private Accounts behandelt, so dass der Arbeitgeber nur die Übertragung der Kundendaten einschließlich der geschäftlichen Korrespondenz verlangen kann. Oder aber die vorgenommene Wertung begründet das Bestehen eines rein geschäftlichen Accounts. Der Arbeitnehmer muss dann vor der Übergabe die Möglichkeit haben, rein Privates aus dem Account zu löschen. Ein Recht, die privaten Kontakte des Arbeitnehmers und seine private Korrespondenz einzusehen, hat der Arbeitgeber regelmäßig nicht.
Praxishinweis
Es empfiehlt sich daher bereits frühzeitig den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und das Schicksal von Daten in sozialen Netzwerken zu regeln. So kann etwa in die arbeitsvertragliche Herausgabeklausel aufgenommen werden, dass jedenfalls in die nicht eindeutig privat während des Arbeitsverhältnisses begründeten Kontakte ein Einsichtsrecht des Arbeitgebers besteht und Verfahren zur Bewertung festgelegt werden.
Rz. 1320
In Bezug auf die Frage, wem der Account-Name nach einer Kündigung "gehört" gilt Folgendes: Accounts, die den Namen des Arbeitgebers tragen, dürften immer dann dem Arbeitgeber "gehören", wenn sich aus dem Namen die Arbeitgeberbezogenheit herauslesen lässt, denn diese werden offensichtlich nur für und im Namen des Unternehmens gepflegt und fortgeschrieben.
Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dazu veranlasst für ihn dienstlich auf Social Media-Kanälen aktiv zu sein, aber nicht unter Verwendung des Unternehmensnamens, so kann auch dieser Account-Name dem Arbeitgeber zustehen. Allerdings dürfte gegen eine weitere Verwendung des Account-Namens mit dem Klarnamen des Arbeitnehmers nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Persönlichkeitsrecht sprechen.