Rz. 917

Gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG richtet sich die örtliche Zuständigkeit bei arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten grundsätzlich nach den Vorschriften der §§ 12 bis 40 ZPO.[2050] Mithin bestimmt sich der allgemeine Gerichtsstand im Regelfall durch den Wohnsitz des beklagten Arbeitnehmers bzw. des beklagten Arbeitgebers.[2051] Ist der Arbeitgeber eine juristische Person (§ 17 ZPO) oder in der Rechtsform der OHG oder KG organisiert, bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Ort des Sitzes.[2052]

Neben den allgemeinen Gerichtsstand kann in bestimmten Fällen ein weiterer besonderer Gerichtsstand aus der ZPO treten. In Betracht kommen vor allem die besonderen Gerichtsstände des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO), der Niederlassung (§ 21 ZPO),[2053] der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) sowie der Widerklage (§ 33 ZPO).[2054]

Kommen mehrere Gerichtstände in Frage, kann der Kläger einen Gerichtsstand wählen (§ 35 ZPO).[2055] Eine einmal getroffene Wahl kann aber nicht widerrufen werden.[2056]

 

Rz. 918

Das ArbGG selbst enthält wenige eigenständige Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit. § 48 Abs. 2 ArbGG ermöglicht tarifvertragliche Zuständigkeitsregelungen, § 82 ArbGG regelt die örtliche Zuständigkeit bei Beschlussverfahren.[2057] Jüngeren Datums sind die Vorschriften in § 61b Abs. 2 ArbGG für Klagen wegen Benachteiligung sowie in § 48 Abs. 1a ArbGG, wonach im Urteilsverfahren auch das Arbeitsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.[2058] Es handelt sich dabei um den Ort, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber tatsächlich erfüllt.[2059] Lässt sich ein solcher gewöhnlicher Arbeitsort nicht ermitteln, ist das Arbeitsgericht zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat, vgl. § 48 Abs. 1a S. 2 ArbGG. Die Regelung kommt Arbeitnehmern zu Gute, die ihre Arbeit nicht am Firmensitz oder aber zu Hause leisten.[2060]

[2050] BAG 15.11.1972 – 5 AZR 276/72, AP Nr. 1 zu § 38 ZPO; ErfK/Koch, § 48 ArbGG Rn 22; Preis/Lindemann, Arbeitsvertrag, II G 20 Rn 3; Moll/Hexel § 22 Rn 89; Moll/Ulrich, § 77 Rn 211.
[2051] ErfK/Koch, § 48 ArbGG Rn 19; Moll/Hexel, § 22 Rn 90; Moll/Ulrich, § 77 Rn 214.
[2052] Zöller/Schultzky, § 17 ZPO Rn 9 f.; Preis/Lindemann, Arbeitsvertrag, II G 20 Rn 3; Moll/Hexel, § 22 Rn 89.
[2053] Moll/Ulrich, § 77 Rn 219.
[2054] Tschöpe/Rolfs, Teil 5 B Rn 159; ErfK/Koch, § 48 ArbGG Rn 20 f.; Preis/Lindemann, Arbeitsvertrag, II G 20 Rn 3.
[2055] HWK/Kalb, § 2 ArbGG Rn 151; ErfK/Koch, § 48 ArbGG Rn 19; Moll/Ulrich, § 77 Rn 228.
[2056] BAG 5.9.2018 – 9 AS 3/18, BeckRS 2018, 30127 für den Fall einer Zusammenhangsklage nach § 2 Abs. 3 ArbGG.
[2057] Zur örtlichen Zuständigkeit bei Verfahren hinsichtlich der Tariffähigkeit und der Tarifzuständigkeit einer Vereinigung nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG vgl. § 97 Abs. 2 ArbGG; zur Zuständigkeit bei Verfahren hinsichtlich der Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder bestimmter Rechtsverordnungen nach § 2a Abs. 1 Nr. 5 ArbGG vgl. § 98 Abs. 2 ArbGG.
[2058] Wenn der Arbeitnehmer von seinem Wohnsitz aus zu unterschiedlichen Einsatzorten fährt, begründet dies keinen Gerichtsstand nach § 48 Abs. 1a ArbGG am Wohnsitzort des Arbeitnehmers, ArbG Schwerin 28.8.2015 – 6 Ca 1368/15, juris.
[2059] EuGH 14.9.2017 – C-168/16, C-169/16, NZA 2017, 1477 für den Arbeitsort von Flugpersonal; vgl. dazu auch LAG München 24.1.2019 – 1 SHa 22/18, ZInsO 2019, 456; LAG Bremen 30.10.2018 – 1 Sa 157/17, BeckRS 2018, 43211; vgl. dazu auch Art. 21 Abs. 1 lit. b) Nr. i Brüssel Ia-VO.
[2060] HWK/Ziemann, § 48 ArbGG Rn 83a; zum Gerichtsstand bei Außendienstmitarbeitern mit einer arbeitsvertraglichen Home-Office-Regelung Weers-Hermanns, NZA 2010, 492.

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