Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 1208
Führt außerdienstliches Verhalten von Arbeitnehmern zu betrieblich relevanten Störungen, so wird dies in Rspr. und Lit. vornehmlich unter kündigungsrechtlichen Aspekten erörtert. Dies offenbart den Stellenwert arbeitsvertraglicher Vereinbarungen über private Verhaltens- oder Unterlassungspflichten. Sie definieren kündigungsrelevante Umstände bereits im Vorgriff, sind ihrem Wesen nach, also vertragliche Vereinbarungen zu Kündigungsgründen. Als mögliche Sanktionen für Zuwiderhandlungen kommen neben der Kündigung auch Vertragsstrafen in Betracht.
aa) Vereinbarungen zur außerordentlichen Kündigung
Rz. 1209
Sowohl die Bestimmungen zur außerordentlichen Kündigung als auch zu den Mindestkündigungsfristen sind zwingendes Recht. Die Arbeitsvertragsparteien können daher weder außerordentliche Kündigungsgründe ausschließen, was gegen § 626 BGB verstieße, noch solche zusätzlich definieren, was eine Verkürzung der Mindestkündigungsfristen implizierte und ein Verstoß gegen § 622 BGB wäre. Erweiterte Regelungsmöglichkeiten billigt das BAG aber den Tarifvertragsparteien zu, die einzelne Kündigungstatbestände näher bestimmen und verdeutlichen dürfen.
Vereinbarungen über zusätzliche Kündigungsgründe für eine außerordentliche Kündigung kollidieren aber dann nicht mit § 622 BGB, wenn die Mindestkündigungsfristen unangetastet bleiben. Solche Vereinbarungen sind dennoch gefährlich, weil sie den Umkehrschluss gestatten, dass nicht geregelte Gründe für die Arbeitsvertragsparteien weniger bedeutsam waren.
bb) Ordentliche Kündigung
Rz. 1210
Für Vereinbarungen zu ordentlichen Kündigungsgründen sind die Grenzen weiter gesteckt. Da das Kündigungsschutzrecht in vielerlei Hinsicht nur für den Arbeitgeber zwingend ist, kann zugunsten der Arbeitnehmer i.d.R. von den rechtlichen Vorgaben einzelvertraglich oder kollektivrechtlich abgewichen werden, z.B. durch den beiderseitigen (synchronen) Ausschluss der ordentlichen Kündigung. Ein einseitiger Ausschluss der ordentlichen Kündigung scheitert an der Synchronisierungspflicht des § 622 Abs. 6 BGB, den die Rspr. über seinen Wortlaut hinaus auf alle Arten von Kündigungserschwernissen anwendet.
Rz. 1211
Die Vereinbarung von Kündigungsgründen zu Lasten des Arbeitnehmers (sog. absolute Kündigungsgründe) ist wegen des zwingenden Charakters des KSchG nicht zulässig. Insbesondere ändert ihre Vereinbarung nichts an der Notwendigkeit einer Abmahnung. Absolute Kündigungsgründe können allenfalls im Rahmen der Interessenabwägung Berücksichtigung finden, die bei einer verhaltensbedingten Kündigung stets vorzunehmen ist. Sie verdeutlichen die Bedeutung, die die Parteien diesen Umständen schon bei Vertragsschluss zugemessen hatten.