Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 1463
Lange waren arbeitsvertragliche Regelungen zum Urlaub knapp und beschränkten sich auf Bestimmungen zum Umfang des Urlaubs. Infolge der aktuellen Rechtsprechung, insbesondere des EuGH empfiehlt sich eine deutliche Differenzierung zwischen dem gesetzlichen und dem übergesetzlichen Urlaubsanspruch. Über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehnde Urlaubsansprüche (Mehrurlaub) können frei geregelt werden. Soll ein Gleichlauf zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub vermieden werden, so müssen die entsprechenden Regelungen hierfür deutliche Anhaltspunkte enthalten.
Dabei sollten Urlaubsklauseln klar erkennen lassen, ob die jeweilige Regelung für den arbeitsvertraglich eingeräumten Mehrurlaub oder aber auch für den gesetzlichen Mindesturlaub gelten solle. Das kann insbesondere durch entsprechende Überschriften deutlich gemacht werden (Formulierungsbeispiel 1).
In der arbeitsvertraglichen Praxis kommen Regeln zum Umfang des Urlaubs, zum Mehrurlaub, zur Verkürzung der Wartezeit, zur Übertragbarkeit des Urlaubs sowie zur Handhabung des Urlaubs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht.
aa) Umfang des Urlaubsanspruchs
Rz. 1464
Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 24 Werktage bezogen auf eine Sechs-Tage Woche (§ 3 Abs. 1 BUrlG); dies entspricht vier Wochen Urlaub. In der betrieblichen Praxis ist die Gewährung von 30 Werktagen (= fünf Wochen Urlaub) üblich; diese Regelung sehen auch viele Tarifverträge vor. In Arbeitsverträgen empfiehlt sich, die Anzahl der Urlaubstage in tatsächlichen Arbeitstagen anzugeben. So werden Missverständnisse darüber vermieden, ob die Anzahl der Urlaubstage den Samstag mit umfasst. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 NachwG ist die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs in die vom Arbeitgeber anzufertigende Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbedingungen aufzunehmen.
bb) Vertragliche Regelungen zum Mehrurlaub
Rz. 1465
Mehrurlaub, der das gesetzlich vorgesehene Mindestmaß an Urlaubstagen übersteigende Urlaub, unterliegt nicht dem Dispositionsverbot des § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG. Die Arbeitsvertragsparteien sind frei, für diesen Urlaubsanteil Regelungen zu vereinbaren, die von den Vorgaben des gesetzlichen Urlaubsrechts abweichen und für den Arbeitnehmer ungünstiger sind. Der vertragliche Urlaubsanspruch kann – in den Grenzen des AGB-Rechts – frei ausgestaltet werden. Ein Regelungswillen, der zwischen gesetzlichen und vertraglichen Ansprüchen unterscheidet, muss klar hervortreten (Formulierungsbeispiel 3).
Es obliegt daher den Arbeitsvertragsparteien, beliebige Voraussetzungen an Entstehung und Verfall von Mehrurlaubsansprüchen zu stellen, solange diese klar und verständlich sind.
Möglich ist die Vereinbarung von kürzeren Verfallfristen für den Mehrurlaub, wenn dieser infolge von Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte – hierzu: Formulierungsbeispiel 5 Verfall von Mehrurlaub (siehe unten Rdn 1471). Das bietet sich bei einem nicht unerheblichen vertraglichen Zusatzurlaub an. Andernfalls teilen die vertraglichen Ansprüche das Schicksal des gesetzlichen Mindesturlaubs und verfallen bei andauernder Arbeitsunfähigkeit erst 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres.
Hinsichtlich der Frage, ob mit der Urlaubserteilung zunächst der Mindesturlaubsanspruch oder der Mehrurlaub erfüllt wird, gilt Folgendes: Auch wenn eine arbeits- oder tarifvertragliche Regelung eine längere Urlaubsdauer als das BurlG vorsieht, bringt der Arbeitgeber mit der Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung grundsätzlich auch ohne ausdrückliche oder konkludente Tilgungsbestimmung beide Ansprüche zum Erlöschen. Vertragliche Tilgungsbestimmungen, wonach zunächst der vertragliche Mehrurlaub erfüllt wird, sind deswegen nach dieser Rechtsprechung des BAG nicht mehr möglich.
Aufgenommen werden sollte aber eine Regelung, die eine Abgeltung von vertraglichem Mehrurlaub ausschließt. Gestaltbar ist schließlich auch ein Widerruf von Mehrurlaub aus wirtschaftlichen Gründen.
cc) Verkürzung der Wartezeit
Rz. 1466
Der volle Urlaubsanspruch entsteht erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses (§ 4 BUrlG). Der Arbeitnehmer muss die Wartezeit in einem fortdauernden Arbeitsverhältnis nur einmal absolvieren. Scheidet der Arbeitnehmer vor Vollendung der sechsmonatigen Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis aus, hat er lediglich Anspruch auf Teilurlaub. Krankheit verlängert die Wartezeit nicht; das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die gesamten sechs Monate krank war. Wird hingegen das Arbeitsverhältnis innerhalb der Wartezeit rechtlich unterbrochen (z.B. durch Kündigung oder Aufhebu...