Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 555
Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kann von dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig gemacht werden (auflösende Bedingung).
Rz. 556
§ 21 TzBfG regelt auflösend bedingte Arbeitsverträge in Konkretisierung von § 158 Abs. 2 BGB. Der auflösend bedingte Arbeitsvertrag endet dadurch, dass ein unsicheres zukünftiges Ereignis eintritt. Die Abgrenzung zwischen der Zweckbefristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG und der auflösenden Bedingung gemäß § 21 TzBfG ist gelegentlich schwierig, wenngleich wegen der Verweise auf die entsprechend anwendbaren Regelungen des Befristungsrechts nicht immer von praktischer Bedeutung. Im Unterschied zu einem zweckbefristeten Arbeitsvertrag, bei dem nur der Zeitpunkt des Endes des Arbeitsverhältnisses ungewiss ist, ist bei einem auflösend bedingten Arbeitsverhältnis der Eintritt des zukünftigen Ereignisses selbst ungewiss. Bei der Zweckbefristung ist also zwar bei Vertragsschluss unsicher, wann ein bestimmtes vertragsbeendendes Ereignis eintritt; klar ist jedoch, dass es eintritt und damit die Zweckerreichung. Eine Bedingung liegt vor, je unsicherer der Eintritt eines solchen vertragsbeendendes Ereignis ist. Zur Abgrenzung: Bei der typischerweise in Arbeitsverträgen vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Vollendung des Lebensjahres, in dem Alterspension bezogen werden kann, handelt es sich dem BAG zufolge um eine (zulässige) Befristung (vgl. § 1b Rdn 107 f.). Die Beendigung des Arbeitsvertrags bei etwaigem Eintritt der Berufsunfähigkeit ist dagegen regelmäßig auflösende Bedingung.
Rz. 557
Die auflösende Bedingung steht der Befristung mit Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gleich. Denn gemäß § 21 TzBfG, der spezielle Regelungen nicht enthält, gelten für den auflösend bedingten Arbeitsvertrag folgende Vorschriften entsprechend:
▪ |
§ 4 Abs. 2 TzBfG – Diskriminierungsverbot (vgl. § 1b Rdn 50); |
▪ |
§ 5 TzBfG – Benachteiligungsverbot (vgl. § 1b Rdn 50); |
▪ |
§ 14 Abs. 1 und 4 TzBfG – Sachgrundbefristung und Schriftform (vgl. Rdn 558 f., 561, § 1b Rdn 37, 52 ff.); |
▪ |
§ 15 Abs. 2, 3 und 5 TzBfG – Auslauffrist, Möglichkeit der ordentlichen Kündigung und Folgen der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses (vgl. § 1b Rdn 21, 33); |
▪ |
§§ 16–20 TzBfG – Folgen unwirksamer Befristung, Anrufung des Arbeitsgerichts, Information über unbefristete Arbeitsplätze, Aus- und Weiterbildung und Information der Arbeitnehmervertretung (vgl. § 1b Rdn 46 ff.) |
§§ 22, 23 TzBfG (Gemeinsame Vorschriften) finden auch ohne Verweis Anwendung auf die auflösende Bedingung.
Rz. 558
Durch die Verweisung auf die Sachgrundbefristung gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG bedarf auch die auflösende Bedingung zu ihrer Wirksamkeit immer eines sachlichen Grundes. Ohne Sachgrund ist die auflösende Bedingung unwirksam, was sich aus der fehlenden Verweisung auf §§ 14 Abs. 2, 2a und 3 TzBfG ergibt. Einer besonderen Prüfung, ob der Kündigungsschutz umgangen werden kann, bedarf es nicht (vgl. auch § 1b Rdn 23). Als Sachgrund kommen vor allem in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG in Betracht (vgl. § 1b Rdn 105 ff.). Nicht ausreichend sind teils anzutreffende Regelungen auf Landesebene, denen zufolge die Abberufung von einem kommunalen Amt zugleich ein etwa zugrunde liegendes Arbeitsverhältnis beendet.
Rz. 559
Typische Einzelfälle der auflösenden Bedingung sind:
▪ |
Ungekürzte Alters- bzw. Versorgungsrente; |
▪ |
Wiederaufleben eines Beamtenverhältnisses; |
▪ |
Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit/Erwerbsminderung; |
▪ |
Wegfall des Vertretungsbedarfs – ggf. in Kombination mit Zeitbefristung (vgl. § 1b Rdn 35); |
▪ |
Wegfall einer Fernsehrolle aus künstlerischen Erwägungen; |
▪ |
Fluguntauglichkeit fliegenden Personals; |
▪ |
Entzug einer besonderen Genehmigung, z.B. der Wacherlaubnis oder der Einsatzgenehmigung für einen Wachmann durch die US-Streitkräfte; |
▪ |
Klassenerhalt im Profisport; |
▪ |
Weiterbeschäftigung während Kündigungsrechtsstreits nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur rechtskräftigen Abweisung der Klage des Arbeitnehmers. Dagegen stellt die Weiterbeschäftigung nach erstinstanzlicher Verurteilung des Arbeitgebers aufgrund vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungsurteils zur Abwendung der Zwangsvollstreckung eine Prozessbeschäftigung dar, keine auflösende Bedingung, so dass hierfür weder ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegen muss, noch die Schriftform aus § 14 Abs. 4 TzBfG gilt oder der Arbeitgeber zur Beendigung die Mitteilung nach § 15 Abs. 2 TzBfG verfassen muss. Eine Zweckbefristung liegt vor, wenn die Parteien die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens vereinbaren; |
▪ |
Zustimmungsverweigerung der Arbeitnehmervertretung zur Einstellung. |
Rz. 560
Bei schwer behinderten Menschen bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch auflösende Bedingung ohne Kündigung...