Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 180
Nur AGB unterliegen einer Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB. Ihr Vorliegen ist bei Arbeitsverträgen der Regelfall. Es erfordert gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB zunächst einer Vertragsbedingung. Dieser Begriff ist weit zu verstehen; auf den Inhalt der Regelung kommt es nicht an. Die Vertragsbedingung muss ferner vorformuliert sein. Bereits aus dem Inhalt und äußeren Erscheinungsbild des Vertrags kann sich ein vom Arbeitgeber zu widerlegender Anschein dafür ergeben, dass die Vertragsbedingungen zur Mehrfachverwendung formuliert worden sind. Ihre schriftliche Fixierung vor Vertragsschluss ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Verwender eine Klausel "im Kopf gespeichert" hat und sie bei der Vertragsgestaltung erstmalig schriftlich niederlegt. Ausreichend ist ebenso die Verwendung eines von dritter Seite vorformulierten Vertragsformulars. Die Form der Vertragsbedingung ist gleichfalls ohne Bedeutung. Auch mündliche oder stillschweigende Abreden können AGB sein. Deshalb unterliegen z.B. auch die Bedingungen einer – schriftlich nicht fixierten – betrieblichen Übung der AGB-Kontrolle.
Rz. 181
Die Vorformulierung muss weiterhin für eine Vielzahl von Fällen erfolgt sein. Hierfür reicht es aus, wenn der Arbeitgeber oder ein Dritter die Absicht hat, die Vertragsbedingung für mindestens drei Vertragsabschlüsse zu verwenden. Etwas anderes gilt bei Verbraucherverträgen. Dort unterliegen auch sog. Einmalbedingungen gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB einer eingeschränkten AGB-Kontrolle. Dabei handelt es sich um solche Vertragsklauseln, die nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, auf die der Arbeitnehmer aber aufgrund der Vorformulierung keinen Einfluss nehmen konnte. Eine die Kontrolle ausschließende Einflussnahmemöglichkeit des Arbeitnehmers erkennt das BAG nur unter strengen Voraussetzungen an: Der Arbeitgeber muss die Klausel ernsthaft zur Disposition stellen und dem Arbeitnehmer damit Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen einräumen. Diese Rechtsprechung ist nicht unproblematisch. Sie bedingt im Ergebnis, dass es an einer Einflussnahmemöglichkeit nur fehlt, wenn gleichzeitig ein "Aushandeln" i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB vorliegt. Im Schrifttum ist genau dies umstritten.
Rz. 182
Des Weiteren muss der Arbeitgeber als Verwender die Vertragsbedingung stellen. Bei Verbraucherverträgen wird dies gem. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB vermutet, es sei denn, dass der Arbeitnehmer sie in den Vertrag eingeführt hat. Ansonsten ist ausschlaggebend, ob der Arbeitgeber die Einbeziehung der Vertragsbedingung konkret verlangt hat. AGB liegen nicht vor, wenn die Vertragsbedingungen zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt sind, vgl. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB. Dies wird selten der Fall sein. Bloßes Verhandeln genügt nicht. Kontrollfreie Individualabreden nimmt das BAG erst dann an, wenn der Arbeitgeber die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Arbeitnehmer Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt und zwar verbunden mit der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingung zu beeinflussen. Dafür muss sich der Arbeitgeber deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen an der zu treffenden Vereinbarung bereit erklären. Dem Arbeitnehmer muss dies bewusst sein. Auf die fehlende Möglichkeit zur Einflussnahme kann allerdings nicht allein deshalb geschlossen werden, weil der ursprüngliche Text bestehen bleibt. Die Befristung einer Arbeitszeitverringerung ist nicht allein deshalb ausgehandelt, weil sie auf den Wunsch des Arbeitnehmers erfolgte. Hinzukommen muss, dass der Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit auch dann nur befristet vereinbart hätte, wenn ihm die unbefristete Verringerung angeboten worden wäre. Entsprechendes gilt für die befristete Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Ein Gesamtvertrag kann zugleich aus AGB und individuell ausgehandelten Bestimmungen bestehen.