Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 809
Problematisch sind die Klauseln, mit denen das Direktionsrecht des Arbeitgebers über den gesetzlich durch § 106 GewO gezogenen Rahmen hinaus erweitert werden sollen. Derartige Klauseln (siehe oben Rdn 806) unterliegen im vollen Umfang der AGB-rechtlichen Billigkeitskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sowie der Unklarheitenregelung in § 305c Abs. 2 BGB und dem Transparenzerfordernis nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
Von besonderer Bedeutung ist dies im Zusammenhang mit Klauseln, nach denen der Arbeitgeber berechtigt sein soll, dem Arbeitnehmer eine geringwertigere als die vertraglich vereinbarte Tätigkeit zuzuweisen. Demgegenüber ist die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit auf der Grundlage des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts grundsätzlich unter Beachtung der durch das billige Ermessen gebildeten Grenzen zulässig, ohne dass es hierfür einer vertraglichen Erweiterung des Direktionsrechts bedarf. Ob eine konkrete Arbeitszuweisung eine geringwertigere Tätigkeit enthält, ist durch einen wertenden Vergleich mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit zu ermitteln, wobei einerseits die betrieblichen Hierarchiestrukturen und andererseits die gesellschaftliche Bewertung der Art der Tätigkeit zu berücksichtigen sind. Im Bereich des öffentlichen Dienstes ergibt sich die Gleichwertigkeit in aller Regel aus der Zuordnung der Tätigkeit zu einer Entgeltgruppe der tariflichen Entgeltordnung, so dass einem Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst grds. alle Tätigkeiten zugewiesen werden können, die der Entgeltgruppe entsprechen, in die er eingruppiert ist. Dies gilt gleichermaßen auch für Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes, die auf der Grundlage einer tariflichen Entgeltordnung erbracht werden.
Eine Zuweisung geringwertiger Tätigkeiten gestützt auf das arbeitgeberseitige Direktionsrecht aus § 106 GewO ist ohne eine vertragliche Erweiterung selbst dann nicht möglich, wenn die bisherige Vergütungshöhe dauerhaft garantiert wird. Ohne eine entsprechende Vertragsklausel muss ein Arbeitnehmer geringwertigere Tätigkeiten nur ausnahmsweise in sog. Not- oder Katastrophenfällen wahrnehmen. Es spricht einiges dafür, dass eine Klausel, die den Arbeitgeber nicht nur berechtigt, eine geringwertigere Tätigkeit zuzuweisen, sondern darüber hinaus auch noch die Vergütung abzusenken, unbillig ist, weil sie auf eine Umgehung der Voraussetzungen für eine Änderungskündigung hinausläuft. Grundsätzlich zulässig dürfte demgegenüber eine Klausel sein, die dem Arbeitgeber die Berechtigung verschafft, dem Arbeitnehmer eine geringwertigere Tätigkeit zuzuweisen, wenn gleichzeitig die Vergütungshöhe garantiert wird. Zudem muss zur Vermeidung der Unbilligkeit, aber auch der Intransparenz der Klausel eine Grenze festgelegt werden, die bei der Zuweisung einer geringwertigeren Tätigkeit nicht unterschritten werden darf. Es bietet sich an, dies – wie in der entsprechenden Klausel (siehe Rdn 806) vorgeschlagen – durch Benennung entsprechender tariflicher Vergütungsgruppen vorzusehen. Die Grenze muss so gewählt werden, dass die dem Arbeitnehmer übertragene Tätigkeit ihrem Vergütungsniveau nach um höchstens 20 % des bisherigen Vergütungsniveaus niedriger bewertet sein darf (wobei allerdings die alte Vergütung der Höhe nach fortzuzahlen ist).
Umstritten ist, ob in der Vertragsklausel der Grund für die Übertragung geringwertiger Tätigkeiten angegeben sein muss. Der Hinweis auf wirtschaftliche bzw. betriebliche Gründe dürfte insoweit insbesondere auch deshalb ausreichen, weil das BAG – allerdings in anderem Zusammenhang – zutreffend darauf hingewiesen hat, dass eine Aufzählung aller in möglicherweise ferner Zukunft einmal in Betracht kommenden Gründe auf Schwierigkeiten tatsächlicher Art stößt und die Angabe detaillierter Gründe für den Arbeitnehmer auch keinen größeren Informationsgehalt hat, als das die Versetzungsgründe aus der Sphäre des Arbeitgebers (wirtschaftliche oder betriebliche Gründe) oder seiner eigenen Sphäre (persönliche Gründe) stammen können.