Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 842
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage, ist der Arbeitnehmer gem. § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG verpflichtet, spätestens am darauffolgenden Arbeitstag, d.h. am vierten Krankheitstag, eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Aus der Bescheinigung müssen sich das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer ergeben; auch muss erkennbar sein, ob es sich um eine Erst- oder Folgebescheinigung handelt.
Rz. 843
Die Pflicht, eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit durch ärztliche Bescheinigung nachzuweisen, kann gem. § 5 Abs. 1 S. 3 EFZG verschärft werden. Zulässig ist es daher, die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder für Krankheitszeiten, die weniger als drei Tage andauern, zu verlangen. Dieses Verlangen kann individuell in jedem Krankheitsfall erhoben werden; bei entsprechendem Bedarf ist allerdings eine allgemeine arbeitsvertragliche Regelung, die die Pflichtenstellung des Arbeitnehmers unmissverständlich konkretisiert, vorzuziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine allgemeingültige Modifikation der Verpflichtung zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die betriebliche Ordnung i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG betrifft und deshalb nur wirksam ist, wenn die Zustimmung des Betriebsrats vorliegt.
Rz. 844
Nur unzureichend gesetzlich geregelt ist die Pflichtenstellung des Arbeitnehmers, wenn die Arbeitsunfähigkeit über den ärztlich bescheinigten Zeitraum andauert. Gem. § 5 Abs. 1 S. 4 EFZG muss der Arbeitnehmer nach Ablauf der bescheinigten Krankheitsdauer eine neue ärztliche Bescheinigung vorlegen; jedoch enthält die gesetzliche Regelung keine Vorgaben darüber, wann diese Bescheinigung vorzulegen ist und ob den Arbeitnehmer zusätzliche Anzeigepflichten treffen. Überwiegend wird deshalb angenommen, dass die Anzeigepflichten des § 5 Abs. 1 EFZG im Falle einer Folgeerkrankung entsprechend anzuwenden sind. Ergänzend sollten geeignete Regelungen klarstellend in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden; sie begegnen den berechtigten Interessen des Arbeitgebers, auch bei längerer Arbeitsunfähigkeit auf die Fehlzeiten reagieren zu können.
Rz. 845
Die Nachweispflicht besteht unabhängig von einem etwaigen Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung; ihre Verletzung kann auf diesen jedoch unmittelbare Auswirkungen haben. Der Arbeitnehmer hat die Tatsache der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit darzulegen und zu beweisen. Dieser Nachweis wird regelmäßig durch die Vorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geführt, der, soweit sie ordnungsgemäß und in Übereinstimmung mit den sog. Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien ausgestellt wurde, ein hoher Beweiswert zukommt, der nur durch besondere Umstände des Einzelfalls erschüttert werden kann. Verletzt der Arbeitnehmer schuldhaft seine Nachweispflicht, ist der Arbeitgeber gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG berechtigt, die Entgeltfortzahlung vorläufig zu verweigern; dieses Zurückbehaltungsrecht endet allerdings, wenn der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachreicht oder den Nachweis der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit anderweitig, etwa durch Aussage des behandelnden Arztes führt.