Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
Rz. 504
Praktikantenverhältnisse bieten Berufseinsteigern häufig eine sehr gute Chance, Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern zu erwerben, aber auch den betrieblichen Alltag und Berufsfelder kennenzulernen. Die Bedeutung von Praktika für Berufseinsteiger mit und ohne Ausbildung ist deshalb sehr groß. Der Rechtsstatus der Praktikanten ist weitgehend ungeklärt. Nach der Definition in § 22 Abs. 1 S. 3 MiLoG fallen unter den Begriff des Praktikanten Personen, die sich für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterziehen, ohne dass sie dabei eine abgeschlossene Berufsausbildung im Sinne des BBiG absolvieren. Teilweise wird zudem verlangt, dass die Tätigkeit und Ausbildung im Rahmen einer Gesamtausbildung erfolgt (z.B. für die Vorbereitung auf ein Studium oder auf einen Beruf). Abzugrenzen ist das Praktikumsverhältnis einerseits von Arbeitsverhältnissen, bei denen nicht der Ausbildungszweck, sondern die Erbringung der Arbeitsleistung bzw. die Erledigung laufend anfallender Arbeiten im Vordergrund steht. Beim Praktikanten hingegen steht der Kenntniserwerb im Vordergrund, also der Ausbildungszweck. In Abgrenzung andererseits zum Auszubildenden, der eine Ausbildung nach § 4 BBiG in einem anerkannten Ausbildungsberuf absolviert, erfolgt die Ausbildung eines Praktikanten nicht nach einer vorgegebenen Ausbildungsordnung für einen anerkannten Ausbildungsberuf und endet auch nicht mit einer Prüfung nach einer in der Regel mehrjährigen systematischen Ausbildung. Der Praktikant ist nur vorübergehend im Betrieb für mehrere Wochen oder wenige Monate tätig, um praktische Kenntnisse und Erfahrungen zu erwerben. Für die rechtliche Einordnung und die anzuwendenden Vorschriften, insbesondere auch die Bewertung der Angemessenheit der Vergütung, ist bei einem Praktikumsverhältnis nicht die rechtliche Bezeichnung, sondern sind die Umstände der tatsächlichen Durchführung relevant. So werden beispielsweise Absolventen eines Studiums oder einer Berufsausbildung, denen ein Einstieg in den Arbeitsmarkt nur durch ein gering oder gar nicht vergütetes "Praktikum" ermöglicht wird, obwohl sie von Beginn an Arbeitsaufgaben übernehmen und die Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund steht ("Generation Praktikum"), trotz ihrer Bezeichnung als Praktikanten als Arbeitnehmer angesehen, auch wenn das "Praktikum" zunächst das Erlangen von Berufserfahrungen ermöglichen soll. Das nachfolgende Muster unterstellt, dass die Ausbildung im Vordergrund des Praktikums stehen soll und nicht die Erbringung der Arbeitsleistung.