Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 908
Ob der Inhalt des Wettbewerbsverbots einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu unterziehen ist, wurde bisher auch für Organmitglieder noch nicht höchstrichterlich entschieden. Da es sich – wie bei Arbeitsverträgen (siehe oben Rdn 866 ff.) – um eine kontrollfreie Leistungsbeschreibung i.S.d. § 307 Abs. 3 BGB handelt, steht zu erwarten, dass die Rechtsprechung den Inhalt des Verbots weiterhin nur am Maßstab des § 138 BGB messen wird und aus AGB-rechtlicher Sicht lediglich die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB und das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zu beachten sind. Nach der Rechtsprechung des BGH halten nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Organmitgliedern der Überprüfung am Maßstab des § 138 BGB nur stand, wenn das Verbot dem Schutz eines berechtigten Interesses des Unternehmens dient (1. Stufe) und es nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und die wirtschaftliche Betätigung des Organmitglieds nicht unbillig erschwert (2. Stufe).
Rz. 909
Gegenständlich ist hierbei zwischen Kunden-/bzw. Mandantenschutzklauseln (hier § 1) und umfassenden nachvertraglichen Wettbewerbsverboten (§ 2) zu differenzieren, die unterschiedlich strengen Anforderungen unterliegen. Das Interesse an einem nachvertraglichen Kundenschutz wird grds. als berechtigt anerkannt, solange nur aktuelle Kunden oder Mandanten erfasst werden, zu denen in den letzten zwei oder drei Jahren Geschäftsbeziehungen bestanden haben. Da der hiermit verbundene Eingriff in die berufliche Freiheit relativ geringfügig ist, führen solche Klauseln auch ohne ausgleichende Karenzentschädigung zu keiner unbilligen Erschwerung der späteren Betätigung des Organmitglieds. Dagegen werden umfassende Tätigkeitsverbote restriktiver gehandhabt. Ein berechtigtes Interesse am nachvertraglichen Wettbewerbsverbot besteht nur, wenn der Kundenschutz allein nicht ausreicht, sondern es dem Unternehmen auch um den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder des technischen Know-hows geht. Das vollständige Ausschalten des Organmitglieds als Konkurrenten ist jedenfalls kein legitimes Interesse. Es ist deshalb bei der Definition des Wettbewerbsunternehmens in § 2 der Abrede auf eine genaue und im Zweifel enge Umschreibung der für die Gesellschaft gefährlichen Konkurrenzunternehmen zu achten, die im Einzelfall eng am Tätigkeitsbereich der Gesellschaft und den Aufgaben des jeweiligen Organmitglieds orientiert ist. Gleiches soll nach einer Entscheidung des OLG München für die für die Tätigkeitsbeschreibung des Organmitgliedes gelten. Auch konzernweite Wettbewerbsverbote, die den Schutz auf mit der Gesellschaft "verbundene Unternehmen" erstrecken, sind problematisch und werden nur von einem berechtigten Interesse gedeckt sein, wenn das Organmitglied durch seine Tätigkeit beim herrschenden Unternehmen einen konzernweiten Einblick in Geschäftsvorgänge hatte. Das wird insbesondere bei Vorstandsmitgliedern nicht operativ tätiger Holdinggesellschaften der Fall sein. Obgleich der BGH wiederholt betont hat, dass mangels Anwendbarkeit des § 74 Abs. 2 HGB nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Organmitgliedern grds. auch ohne Karenzentschädigung vereinbart werden können, führen umfassende Tätigkeitsverbote ohne ausgleichende Entschädigungszahlung grds. zu einer unbilligen Erschwerung des beruflichen Fortkommens und sind entschädigungslos unzulässig.
Zeitlich sollten sowohl Kundenschutzklauseln als auch weitergehende Tätigkeitsverbote auf einen Zeitraum von maximal zwei Jahren begrenzt werden. Geht der Vertragsbeendigung eine längere Freistellungsphase voraus, kann aber auch diese Zwei-Jahres-Grenze im Hinblick auf § 138 BGB problematisch werden. Deshalb verkürzt die vorgeschlagene Klausel die Dauer des Wettbewerbsverbots um eine solche Freistellungszeit.
Der räumliche Geltungsbereich des Verbots muss an den Bedarf des Unternehmens angepasst und dabei wegen §§ 305c Abs. 2, 307 Abs. 1 S. 2 BGB möglichst konkret formuliert werden. Ohne vertragliche Regelung gilt das Wettbewerbsverbot im Zweifel weltweit, was nur selten durch ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft legitimiert sein dürfte.
Rz. 910
Das Risiko bei der Formulierung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote in Organanstellungsverträgen liegt im Vergleich zu entsprechenden Arbeitnehmerverträgen in der "absoluten" Nichtigkeitsfolge des § 138 BGB. In der Literatur wird stattdessen vielfach eine geltungserhaltende Reduktion in entsprechender Anwendung des § 74a Abs. 1 HGB gefordert. Der BGH hat eine geltungserhaltende Reduktion jedoch bisher nur bei einer überlangen Bindungsdauer über § 139 BGB zugelassen, eine inhaltliche Reduktion auch des sachlichen Geltungsbereichs wird in der Rechtsprechung jedoch bisher abgelehnt. Ob salvatorische Klauseln (hierzu vgl. § 10 des Musters Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Vorstandsmitglied, siehe oben Rdn 907) die Nichtigkeitsfolge ve...