Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
Rz. 268
Problematisch kann in Einzelfällen die Berechnung des Urlaubsanspruchs für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer sein.
Rz. 269
Praxistipp
Die Grundsätze sollten in schwierigen Fällen im Arbeitsvertrag ausdrücklich festgelegt werden.
Rz. 270
Im Urlaubsrecht gilt danach grundsätzlich das Urlaubstageprinzip. Danach sind Urlaubstage immer nur ganze Arbeitstage. Es kommt nach bisheriger Rechtsprechung des BAG nicht darauf an, wie viele Stunden der Arbeitnehmer an den Tagen zur Arbeitsleistung verpflichtet ist. Inwieweit sich daran etwas nach der neuen Rechtsprechung des EuGH zu den Folgen der Arbeitszeitverkürzung auf "erdienten" Urlaub (siehe unten Rdn 284 ff.) ändert, bleibt abzuwarten.
Rz. 271
Praxistipp
Arbeitgeber sollten – zumindest derzeit noch – dahingehend beraten werden, davon abzusehen, "halbe" Urlaubstage zu gewähren, da dies zu rechtlich nicht interessengemäß lösbaren Folgeproblemen führen kann.
Unproblematisch ist die Berechnung des Urlaubsanspruchs regelmäßig dann, wenn Teilzeitarbeitnehmer an der gleichen Anzahl von Arbeitstagen pro Woche beschäftigt werden wie die vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer.
Rz. 272
Beispiel
Bei der X-GmbH wird Arbeitnehmer A mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt. Die Arbeitszeit der vollzeitbeschäftigten vergleichbaren Arbeitnehmer beträgt 38,5 Stunden. A arbeitet von Montag bis Mittwoch jeweils vier Stunden, am Donnerstag sechs Stunden und Freitag zwei Stunden. Der tarifliche Urlaubsanspruch für vollzeit- und teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer beträgt 30 Tage pro Jahr, berechnet auf eine 5-Tage-Woche. A hat danach Anspruch auf die 30 Tage Urlaub, da er an fünf Tagen in der Woche arbeitet. Es kommt nicht darauf an, wie viel Stunden er an den jeweiligen Arbeitstagen arbeitet.
Rz. 273
Beachte: Wird in einem Tarifvertrag oder einer sonstigen einheitlichen Regelung die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubsanspruchs auf 30 Tage festgelegt, so ist mangels anderweitiger Hinweise davon auszugehen, dass dem die Verteilung der Wochenzeit auf fünf Tage zugrunde liegt. Verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit eines Arbeitnehmers individuell auf mehr oder weniger als fünf Arbeitstage in der Woche, erhöht oder vermindert sich die Urlaubsdauer entsprechend. Das gilt auch für Teilzeitbeschäftigte.
Rz. 274
Etwas anderes gilt dann, wenn der Arbeitnehmer an weniger Tagen arbeitet als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Dann ist – ausgehend vom Urlaubsanspruch der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer – der Urlaubsanspruch des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers umzurechnen.
Rz. 275
Beispiel
Wie Fall zuvor, nur arbeitet A von Montag bis Donnerstag jeweils fünf Stunden. Die Berechnung ist wie folgt vorzunehmen: Urlaubsanspruch eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers multipliziert mit der Zahl von dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer zu leistenden Arbeitstage dividiert durch die Zahl der von den vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern zu leistenden Arbeitstage. D.h. im Beispiel: 30 × 4 : 5 = 24.
Rz. 276
Hinweis
In schwierigeren Fällen kann eine Kontrollüberlegung angestellt werden. Auf Wochen berechnet muss der Urlaubsanspruch für Vollzeitbeschäftigte und Teilzeitbeschäftigte bei wochenweiser Gewährung gleich sein. Haben vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer 30 Tage Urlaub bei einer Fünf-Tage-Woche, so beträgt der Urlaubsanspruch sechs Wochen. Bei wochenweiser Genehmigung des Urlaubs muss der Urlaubsanspruch des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers so hoch sein, dass auch er auf sechs volle Wochen kommt. In o.g. Beispiel kann B mit 24 Urlaubstagen bei wochenweiser Gewährung von jeweils vier Tagen sechs Wochen Urlaub beanspruchen.
Rz. 277
Arbeitet der Arbeitnehmer an verschiedenen Wochentagen mit einer unterschiedlichen Stundenzahl und beantragt er Urlaub regelmäßig in der Form, dass er ihn für Arbeitstage geltend macht, an denen er mehr als an anderen arbeiten muss, so muss ein Arbeitgeber dies nicht akzeptieren.
Rz. 278
Praxistipp
Es kann sich empfehlen, dass Arbeitnehmer mit unregelmäßiger Arbeitszeit den Urlaub grundsätzlich nur wochenweise nehmen dürfen. Eine entsprechende Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber wäre regelmäßig nicht unbillig.
Rz. 279
Besonders schwierig kann die Berechnung des Urlaubsanspruchs dann sein, wenn der Arbeitnehmer flexibel eingesetzt wird. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit nicht zu einer festen Zahl von Wochenarbeitstagen erbringt, z.B. in einer Woche zwei Tage arbeitet, in einer anderen Woche drei, in einer weiteren Woche vier etc. In diesen und anderen Fällen des flexiblen Einsatzes ist der Urlaubsanspruch im Zweifel nach den Jahresarbeitstagen zu berechnen.
Bei einem unterjährigen Wechsel der Anzahl der Arbeitstage in der Kalenderwoche ist der Urlaubsanspruch für das betreffende Kalenderjahr unter Berücksichtigung der einzelnen Zeiträume der Beschäftigung und der auf sie entfallenden Wochentage mit Arbeitspflicht umzurechnen. Ist die Arbeitszeit nicht das gesamte Kale...