Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
Rz. 219
Gibt es im Betrieb vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeiten, so ist zur Feststellung einer Teilzeitbeschäftigung zu prüfen, welcher Gruppe der infrage stehende Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Hierzu sieht § 2 Abs. 1 TzBfG ein mehrstufiges Prüfungsschema vor, wobei auf die betriebliche Ebene abzustellen ist.
Ob vergleichbare Arbeitsverhältnisse vorliegen, ist nach der Art des Arbeitsverhältnisses festzustellen. Dabei sind alle wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses, also Tätigkeit, Arbeitsort, Ausbildung, ggf. Zugehörigkeit zu einer bestimmten Vergütungsgruppe, heranzuziehen. Es können die Kriterien herangezogen werden, die für die Feststellung eines vergleichbaren Arbeitnehmers i.S.d. § 1 Abs. 3 KSchG maßgeblich sind. Vergleichbar ist nach § 2 Abs. 1 S. 3 TzBfG ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer des Betriebs mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses und der gleichen oder einer ähnlichen Tätigkeit.
Rz. 220
Hinweis
Um zwei vergleichbare Arbeitnehmer handelt es sich im Regelfall, wenn der eine den anderen – ohne Rücksicht auf Hierarchiestufen – vertreten könnte, die Arbeitnehmer somit ausgetauscht werden könnten.
Rz. 221
Kann nach diesen Kriterien nicht festgestellt werden, ob Teilzeitarbeit vorliegt, weil es keinen vergleichbaren Arbeitnehmer im Betrieb gibt, so stellt das Gesetz auf einen vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nach dem anwendbaren Tarifvertrag ab. Erforderlich ist unmittelbare Tarifbindung des Arbeitgebers. Im Falle der Tarifkonkurrenz im Betrieb ist davon auszugehen, dass kein Tarifvertrag maßgeblich ist. Abzustellen ist auf die tarifvertragliche Regelarbeitszeit.
Gibt es keinen anwendbaren Tarifvertrag, ist auf die Üblichkeit im jeweiligen Wirtschaftszweig abzustellen. Die Feststellungen dürften in diesem Falle in der Praxis außerordentlich schwierig werden. Abgestellt werden kann – soweit vorhanden – auf den Tarifvertrag, der in der Branche besteht oder überwiegend angewendet wird.
Ist eine "Vollzeit" aufgrund der betrieblichen Verhältnisse nicht feststellbar, kann man mit der Rechtsprechung des BAG in vergleichbarer Konstellation davon ausgehen, dass diese 40 Stunden beträgt.
Rz. 222
Hinweis
Ein Teilzeitarbeitsverhältnis liegt auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer vertraglich eine geringere Arbeitszeit vereinbart hat, als ein vergleichbarer Vollzeitarbeitnehmer, aber aufgrund von Überstunden de facto die gleiche Arbeitszeit wie der vergleichbare Vollzeitarbeitnehmer hat. Etwas anderes gilt dann, wenn in der dauerhaften Ableistung von als "Überstunden" bezeichneter Arbeitszeit eine konkludente Änderung des Arbeitsvertrags gesehen werden kann. Die Frage, ob die wöchentliche Arbeitszeit konkludent verlängert worden ist, ist in der Praxis häufig nicht einfach zu beantworten. Das BAG stellt auf einen Referenzzeitraum von zwölf Monaten ab. Bei kürzer währenden Arbeitsverhältnissen kann ggf. ein kürzerer Referenzzeitraum zugrunde gelegt werden. Verlässliche Eckpunkte hierfür hat die Rechtsprechung jedoch noch nicht gesetzt. Nimmt ein Vollzeitarbeitnehmer an einer Arbeitszeiterhöhung nicht teil, so wird er dadurch zum Teilzeitarbeitnehmer.
Rz. 223
Kommt man nach Vorstehendem zu dem Ergebnis, dass ein Teilzeitarbeitsverhältnis vorliegt, sind bei der Gestaltung von Verträgen die im Folgenden dargestellten Besonderheiten gegenüber dem Vollzeitarbeitsvertrag (siehe dazu Rdn 250 ff.) zu beachten. Darüber hinaus sind ggf. die im Weiteren zu erläuternden Besonderheiten bei den besonderen Typen von Teilzeitarbeitsverträgen – Arbeit auf Abruf, Job-Sharing, geringfügige Beschäftigung – zu berücksichtigen.