Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
aa) Inhalt
Rz. 857
Bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag i.S.d. §§ 320 ff. BGB. Im Synallagma stehen die Pflicht des Arbeitnehmers zur Unterlassung von Wettbewerb und die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung.
Rz. 858
Kern der Vereinbarung ist das an den Arbeitnehmer gerichtete Verbot, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Konkurrenz zu seinem bisherigen Arbeitgeber zu treten. Das Verbot kann sich sowohl auf selbstständige als auch unselbstständige Konkurrenztätigkeiten beziehen. Es kann entweder unternehmensbezogen als Verbot der Tätigkeit bei bestimmten Konkurrenzunternehmen (siehe hierzu das Muster im Folgenden, vgl. Rdn 878) oder tätigkeitsbezogen als Untersagung konkurrierender Tätigkeit in bestimmten Arbeitsbereichen (vgl. unten Rdn 888) formuliert werden.
Rz. 859
Das Wettbewerbsverbot ist von der Verschwiegenheitspflicht abzugrenzen. Die Pflicht Geschäftsgeheimnisse zu wahren, ergibt sich nach allgemeiner Auffassung auch ohne gesonderte Vereinbarung nicht nur aus spezialgesetzlichen Vorschriften, sondern bereits aus der allgemeinen Treuepflicht des Arbeitnehmers und wirkt auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fort. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse waren nach früherem Verständnis Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers geheim zu halten sind. Seit Inkrafttreten des GeschGehG zum 26.4.2019 wird der Begriff des Geschäftsgeheimnisses in § 2 Nr. 1 GeschGehG legaldefiniert. Das GeschGehG verzichtet dabei auf die überkommene Differenzierung zwischen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Nach der neuen Legaldefinition muss die aufgrund berechtigter Interessen schützenswerte Information geheim sein, einen wirtschaftlichen Wert haben und der Inhaber der Information muss angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen zum Schutz der Information getroffen haben. Auch wenn diese Verschwiegenheitspflicht vertraglich fixiert wird, löst sie keine Karenzentschädigungspflicht aus. Die Abgrenzung zwischen einer entschädigungslos zulässigen Geheimhaltungsklausel und einem entschädigungspflichtigen Wettbewerbsverbot ist im Einzelfall schwierig und die hierzu ergangene Rspr. z.T. widersprüchlich. Die Geheimhaltungspflicht schließt eine Konkurrenztätigkeit nicht aus. Die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht enthält grds. nur das Verbot, Geschäftsgeheimnisse durch Weitergabe, insbesondere Veräußerung geheim zu haltender Tatsachen zu verwerten. Ohne nachvertragliche Wettbewerbsabrede ist der Arbeitnehmer hingegen grds. nicht daran gehindert, sein im Arbeitsverhältnis erworbenes Wissen, einschließlich der Kenntnis von Geschäftsgeheimnissen für sich selbst einzusetzen und in den Kundenkreis des Arbeitgebers einzudringen. So folgt aus einer Verschwiegenheitspflicht bzgl. der Kundenlisten des Arbeitgebers kein weitergehendes Verbot, diese Kunden zu umwerben. In einer Geheimhaltungsklausel kann aber auch vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer ein bestimmtes Geschäftsgeheimnis des Arbeitgebers auf Dauer nicht mehr für seine berufliche Tätigkeit nutzen darf. Eine solche Klausel überschreitet die Grenze zum entschädigungspflichtigen Wettbewerbsverbot, wenn sich die Verschwiegenheit nicht mehr nur auf einzelne konkrete Geschäftsgeheimnisse bezieht, sondern auf unterschiedslos alle Geschäftsvorgänge und so dem ehemaligen Arbeitnehmer jede berufliche Verwertung seiner erworbenen Kenntnisse verwehrt.
Rz. 860
Gemäß § 75f HGB sind sog. Sperrabreden (früher: "geheime Konkurrenzklauseln"), wonach ein möglicher künftiger Arbeitgeber den Arbeitnehmer des Vertragspartners nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen einstellen kann, unverbindlich. Der BGH hat mit Urt. v. 30.4.2014 entschieden, dass die Vorschrift neben Einstellungsverboten auch Abwerbungsverbote erfasst, selbst wenn diese nur das Tätigwerden des künftigen Arbeitgebers verhindern, ohne die Handlungsfreiheit des abzuwerbenden Arbeitnehmers unmittelbar einzuschränken. Denn auch auf diese Weise könne das berufliche Fortkommen eines Arbeitnehmers unbillig behindert werden. Abwerbeverbote sollen nur ausnahmsweise dann nicht in den Anwendungsbereich des § 75f HGB fallen, wenn sie Nebenbestimmungen einer Vereinbarung sind und einem besonderen Vertrauensverhältnis der Parteien oder einer besonderen Schutzbedürftigkeit einer der beiden Seiten Rechnung tragen. Ob diese Einschränkungen auch auf Einstellungsverbote übertragbar sind, ist noch nicht entschieden worden. Damit hat sich der BGH der bislang in der Literatur vorherrschenden Auffassung entgegengestellt, die Abwerbungsverbote aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausnehmen will.
Davon zu unterscheiden ist die Konstellation, in der einem ausscheidenden Arbeitnehmer verboten wird, andere Mitarbeiter seines ehemaligen Unternehm...