Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 892
Besonders in den dem Berufs- und Standesrecht unterliegenden freien Berufen (Rechtsanwälte, Ärzte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater usw.) besteht die Gefahr, dass ehemalige Mitarbeiter nach ihrem Ausscheiden durch ihre Konkurrenztätigkeit in den Mandantenkreis ihres bisherigen Arbeitgebers eingreifen. Die aktive und gezielte Abwerbung von Mandanten des bisherigen Arbeitgebers konnte nach früherer h.M., sofern sie schon gegen Standesrecht verstieß, entschädigungslos untersagt werden (sog. beschränkte Mandantenschutzklausel). Dies überzeugt heute nicht mehr, da auch bei freien Berufen Wettbewerbsverbote wegen Art. 12 GG restriktiv zu handhaben sind. Erst recht gilt dies außerhalb der freien Berufe, wie bei Personal- oder Unternehmensberatern. Ebenso ist auch ein Niederlassungsverbot unverbindlich. Ein darüber hinausgehendes Verbot, jede Betreuung von Mandanten des ehemaligen Arbeitgebers zu unterlassen (sog. allgemeine Mandantenschutzklausel) hat dagegen eine ähnlich einschränkende Wirkung für die weitere freiberufliche Tätigkeit wie ein Wettbewerbsverbot, was zur entsprechenden Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB und damit zur Entschädigungspflicht führt.
Rz. 893
Muster 1b.37: Allgemeine Mandantenschutzklausel
Muster 1b.37: Allgemeine Mandantenschutzklausel
Der Mitarbeiter verpflichtet sich nach seinem Ausscheiden ohne die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitgebers, für die Dauer von zwei Jahren keine Mandate von solchen Auftraggebern anzunehmen, die während der letzten zwei Jahre vor seinem Ausscheiden Auftraggeber des Arbeitgebers waren.
Hierfür erhält der Mitarbeiter eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von dem Mitarbeiter zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen beträgt. Im Übrigen gelten die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB.
Rz. 894
Hiervon zu unterscheiden sind Mandantenübernahmeklauseln, die ausgeschiedenen Mitarbeitern die Übernahme von Mandanten nicht verbieten, sondern – allerdings gegen eine Entschädigungszahlung an den Arbeitgeber – erlauben. Da sie kein Konkurrenzverbot enthalten, sind sie grds. entschädigungslos zulässig, solange sie dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dienen und das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unbillig erschweren. Sind die Konditionen allerdings so gestaltet, dass sich die Bearbeitung der Mandate nicht mehr wirtschaftlich lohnt und so der ehemalige Mitarbeiter indirekt als Konkurrent ausgeschaltet wird, handelt es sich um eine unzulässige Umgehung i.S.d. § 75d S. 2 HGB. Maßgeblich für das Vorliegen einer sog. verdeckten Mandantenschutzklausel sind die Bindungsdauer und die Höhe des abzuführenden Gesamtumsatzes. In Anlehnung an § 74a Abs. 1 S. 3 HGB ist eine längere Bindungsdauer als zwei Jahre nicht mehr angemessen, wobei eine Überschreitung hier nicht geltungserhaltend auf das noch zulässige Maß reduziert wird. Das BAG hielt eine Umsatzabführungsquote in Höhe von 20 % für zulässig, während die absolute Höchstgrenze bei 30 % (exklusive Umsatzsteuer) zu ziehen sein dürfte. Soll die Klausel auch die Tätigkeit im Anstellungsverhältnis und nicht nur eine Tätigkeit in Selbstständigkeit erfassen, bei der dem früheren Arbeitnehmer das Honorar nicht oder nicht in voller Höhe zufließt, und er möglicherweise nur ein Angestelltengehalt erhält, muss die Entschädigung auf einen Teil des Arbeitseinkommens beschränkt werden. Stellt die Klausel dagegen keine Verbindung zur Höhe der vom Arbeitnehmer bei seinem neuen Arbeitgeber erzielten Arbeitsvergütung her und besteht somit das Risiko, dass bei einer hohen Honorarsumme einerseits und einem – aus welchen Gründen auch immer – vergleichsweise niedrigen Arbeitseinkommen andererseits ein weit höherer Teil des Arbeitseinkommens an den ehemaligen Arbeitgeber abgeführt werden muss, als der Prozentsatz suggeriert, ist die prozentuale Umsatzabführung wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.