Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
Rz. 863
Nach § 74a Abs. 1 HGB ist das Wettbewerbsverbot insoweit unverbindlich, als es nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient (Satz 1) oder soweit es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers enthält (Satz 2). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Verbindlichkeit des Wettbewerbsverbots ist die Geltendmachung von Rechten aus der Wettbewerbsabrede.
Das Verbot muss sowohl hinsichtlich seines gegenständlichen, räumlichen als auch zeitlichen Umfangs von einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers gedeckt sein. Hierfür ist ein Zusammenhang zwischen der früheren Tätigkeit des Arbeitnehmers und dem untersagten Wettbewerb notwendig. Legitim ist jedenfalls das Interesse an dem Schutz von Geschäfts geheimnissen und des Kunden- und Lieferantenstamms. Dies kann auch dann bestehen, wenn sich die Warensortimente nur teilweise ("in einem nicht ganz unerheblichen Teil") überschneiden.
Das bloße Interesse, Konkurrenz einzuschränken und Mitarbeiter für diese zu sperren, genügt dagegen nicht, weshalb bei gewerblichen Arbeitnehmern regelmäßig kein berechtigtes Interesse an einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot besteht. Insbesondere bei Vertriebsmitarbeitern im Außendienst bestehen Bestrebungen, Wettbewerbsverbote in analoger Anwendung von § 90a Abs. 1 S. 2 HGB örtlich zu begrenzen. Begründet wird dies mit der vergleichbaren Interessenlage. Auch hier fehle dem Arbeitgeber in der Regel das berechtigte Interesse an einem örtlich weitergehenden Wettbewerbsverbot. Allerdings kann sich dies aus anderen Gründen als dem Einbrechen in Kundenbeziehungen ergeben. Etwa dann, wenn der Vertriebsmitarbeiter weitergehende Kenntnisse, wie Preisspannen und Ähnliches, besitzt.
Die Feststellung, ob das Wettbewerbsverbot zu einer unbilligen Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers führt, ist von einer Abwägung der wechselseitigen Interessen abhängig, bei der die in § 74a HGB genannten Faktoren (Höhe der Entschädigung sowie Ort, Zeit und Gegenstand des Verbots) zu berücksichtigen sind. Unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote, die den Arbeitnehmer unabhängig von der auszuübenden Tätigkeit für alle Konkurrenzunternehmen sperren, behindern den weiteren beruflichen Weg erheblich. Das berechtigte Interesse des Arbeitgebers wird hier grds. nur dann bestehen und in der Abwägung überwiegen, wenn der Arbeitnehmer besondere Erfahrungen, Geschäftskontakte und Kenntnisse erlangt hat, die für Konkurrenzunternehmen generell von Bedeutung sein können. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote in vollem Umfang deshalb grds. nur bei Führungskräften von § 74a HGB gedeckt und verbindlich sind. Die von § 74a Abs. 1 S. 2 HGB vorgesehene Abwägung erfolgt aber unter Berücksichtigung der Höhe der zugesagten Karenzentschädigung.
Verstöße gegen § 74a Abs. 1 HGB führen zur Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots. Das Verbot ist aber nur "insoweit" unverbindlich, als es die Grenzen des § 74a Abs. 1 S. 1 und 2 HGB überschreitet und im Übrigen wirksam und vom Arbeitnehmer einzuhalten. Es handelt sich also um einen gesetzlich geregelten Fall einer geltungserhaltenden Reduktion. Ist der Teil eines Wettbewerbsverbots unverbindlich und hält der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot in seinem nach § 74a Abs. 1 HGB verbindlichen Teil ein, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die (volle) Karenzentschädigung.
§ 74a Abs. 1 S. 3 HGB sieht für das Wettbewerbsverbot eine Höchstlaufzeit von zwei Jahren vor. Auch hier führt eine Überschreitung zur Unverbindlichkeit und zu einer geltungserhaltenden Reduktion auf die noch zulässige Dauer. Für denjenigen vertraglich vereinbarten Teil der Laufzeit, welcher die Zwei-Jahres-Höchstgrenze überschreitet, steht dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht zwischen weiterer Einhaltung des Wettbewerbsverbots bei Zahlung einer Karenzentschädigung und einer Lösung vom Wettbewerbsverbot zu. Das Wahlrecht muss erst zum Ablauf der zulässigen Höchstdauer ausgeübt werden.
Andererseits kann ein kurzes Wettbewerbsverbot dafür sprechen, dass der Arbeitgeber vor allem den Arbeitsplatzwechsel des Arbeitnehmers erschweren will, was zur Unverbindlichkeit nach § 74a Abs. 1 S. 1 HGB führt. Das kann im Ausnahmefall anders sein, wenn der Arbeitgeber Umstände darlegt und beweist, die trotz der kurzen Dauer für das Vorliegen berechtigter geschäftlicher Interessen sprechen.
Rz. 864
Dagegen haben Verstöße gegen § 74a Abs. 2 HGB die Nichtigkeit der Wettbewerbsabrede zur Folge. Nichtig ist die Vereinbarung mit Minderjährigen und wenn sich der Arbeitgeber die Einhaltung des Wettbewerbsverbots auf ein Ehrenwort des Arbeitnehmers hin versprechen lässt. Nichtig sind außerdem Vereinbarungen, durch die ein Dritter anstelle des Arbeitnehmers die Verpflichtung übernimmt, dass sich der Arbeitnehmer nach B...