Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
1. Rechtliche Grundlagen
Rz. 850
Während des Arbeitsverhältnisses ergibt sich auch ohne gesonderte Vereinbarung für alle Arbeitnehmer ein Wettbewerbsverbot aus einer analogen Anwendung des § 60 HGB. Ohne die Vereinbarung eines den Vorschriften der §§ 74 ff. HGB entsprechenden nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes unterliegt die Konkurrenztätigkeit ehemaliger Arbeitnehmer nach Vertragsende nur noch den allgemeinen gesetzlichen Grenzen u.a. aus §§ 823, 826 BGB und den Vorschriften des UWG.
a) Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB
Rz. 851
Die unmittelbar nur für Handelsgehilfen i.S.d. HGB geltenden §§ 74 ff. HGB sind über §§ 110 S. 2, 6 Abs. 2 GewO auch auf Arbeitnehmer anwendbar. Wegen ihres vergleichbaren Schutzbedürfnisses wird der Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB darüber hinaus auf wirtschaftlich abhängige freie Mitarbeiter erstreckt. Bei den Angehörigen freier Berufe treten nachvertragliche Wettbewerbsverbote in Form von Mandantenschutzklauseln in Erscheinung (siehe unten Rdn 892). Sie gelten hingegen grundsätzlich nicht für Wettbewerbsverbote, die Arbeitnehmer-Gesellschafter in Unternehmenskaufverträgen und Gesellschaftsverträgen selbst vereinbart haben.
Rz. 852
In zeitlicher Hinsicht gelten die Schutzvorschriften in §§ 74 ff. HGB für Vereinbarungen, die bis zur tatsächlichen und rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen werden. Erst nach Vertragsbeendigung vereinbarte Wettbewerbsverbote unterliegen nicht mehr diesen Schutzvorschriften, sind also entschädigungslos und nur begrenzt durch §§ 138, 242 BGB zulässig. Die §§ 74 ff. HGB bleiben wegen der Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers aber anwendbar, solange das Wettbewerbsverbot noch im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Abwicklung vereinbart wird, z.B. im Rahmen eines Aufhebungsvertrags. Als Ausnahme hiervon kann jedoch im Prozessvergleich ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot vereinbart werden, wenn dieser Vergleich das Arbeitsverhältnis rückwirkend beendet.
b) Form
Rz. 853
§ 74 Abs. 1 HGB knüpft die Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote an die Einhaltung der Schriftform und die Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Arbeitnehmer.
aa) Schriftform
Rz. 854
Das gesetzliche Schriftformerfordernis in § 74 Abs. 1 HGB wird gem. § 126 Abs. 1, 2 BGB durch eigenhändige Unterschriften oder notariell beglaubigte Handzeichen der Vertragsparteien auf derselben Urkunde gewahrt. Das Wettbewerbsverbot kann entweder als Klausel i.R.d. Arbeitsvertrags enthalten sein oder als selbstständige Abrede gefasst werden. Wird sie als Anlage zum Arbeitsvertrag vereinbart, muss entweder die Anlage unterschrieben werden oder der Hauptvertrag muss auf die Wettbewerbsabrede verweisen und fest mit der Anlage verbunden sein. Die Urkunde muss sämtliche Regelungen zum Inhalt des Wettbewerbsverbots, insbesondere auch die Entschädigungszusage enthalten. Dabei ist es hinsichtlich der Einhaltung der Form aber unbedenklich, wenn das Wettbewerbsverbot lediglich auf die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB verweist. Eine andere Frage ist, ob eine solche Verweisung in vorformulierten Wettbewerbsabreden auch hinreichend transparent i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist (siehe unten Rdn 887 ff.).
Bei der Unterzeichnung erfordert auf Seiten des Arbeitgebers die ordnungsgemäße Vertretung besondere Aufmerksamkeit. Die Unterschrift eines Vertreters wahrt die Schriftform n...