Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
Rz. 26
Eine Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen.
Rz. 27
Voraussetzung ist zunächst, dass auf das Arbeitsverhältnis des betroffenen Mitarbeiters das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar ist.
Rz. 28
Das KSchG gilt für Arbeitnehmer. Es gilt auch für sog. geringfügig Beschäftigte. Ebenso gilt es – eingeschränkt – auch für leitende Angestellte, die zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern berechtigt sind, vgl. § 14 Abs. 2 KSchG, und uneingeschränkt für alle übrigen leitenden Angestellten, die diese Kriterien nicht erfüllen. Für Mitglieder der Organe juristischer Personen, die zur gesetzlichen Vertretung berufen sind, wie z.B. den ins Handelsregister eingetragenen GmbH-Geschäftsführer oder den Vorstand einer Aktiengesellschaft, und für die zur Vertretung einer Personengesamtheit (GbR, OHG) berufenen Personen gilt das KSchG für die dieser Rechtsstellung zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zu der jeweiligen Gesellschaft nicht, § 14 Abs. 1 KSchG.
Rz. 29
Es gilt für Arbeitnehmer, die am 31.12.2003 in einem Betrieb mit mehr als fünf regelmäßig Beschäftigten tätig waren. Für Neueinstellungen ab dem 1.1.2004 gilt es für Arbeitnehmer in Betrieben, in denen regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind. Dabei sind jeweils ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte nicht zu berücksichtigen. Unter Betrieb ist dabei die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von materiellen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Mehrere zentral gelenkte Verkaufsstellen eines Einzelhandelsunternehmens sind in ihrer Gesamtheit ein Betrieb. Auch eine vom Hauptbetrieb weit entfernte kleinere Betriebsstätte mit nur drei Mitarbeitern ist regelmäßig dem Hauptbetrieb zuzurechnen. Als Betrieb i.S.d. KSchG gilt ferner der sog. Gemeinschaftsbetrieb. In Ausnahmefällen können auch die Beschäftigtenzahlen eines Unternehmens mit mehreren Betrieben zusammenzurechnen sein, in denen jeweils fünf bzw. zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Rz. 30
Bei Feststellung der maßgeblichen Beschäftigtenzahl sind Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten zu berücksichtigen. Herauszurechnen sind danach Auszubildende und Umschüler (vgl. § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG). Maßgeblich ist nicht die Kopfzahl, vielmehr sind Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von bis zu 20 h mit 0,5 und solche mit einer Wochenarbeitszeit von bis zu 30 h mit 0,75 zu berücksichtigen. Dabei kommt es auf die normale Zahl der Beschäftigten bei regelmäßiger Auslastung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (bzw. dem Stichtag 31.12.2003, soweit der niedrigere Schwellenwert maßgeblich ist) an. Diese lässt sich mit Hilfe eines Rückblicks auf die bisherige Personalstärke und einer Einschätzung der künftigen Personalentwicklung ermitteln. Nicht mitzuzählen sind daher Aushilfen, die zur Vertretung abwesender Mitarbeiter (z.B. aufgrund Elternzeit, Urlaub, Krankheit) oder wegen eines vorübergehenden Mehrbedarfs eingestellt wurden.
Rz. 31
Für den einzelnen Beschäftigten beginnt der allgemeine Kündigungsschutz erst nach Ablauf einer Wartezeit. Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG muss das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung mit demselben Betrieb oder Unternehmen länger als sechs Monate bestanden haben, wobei Zeiten eines unmittelbar vorangegangenen Ausbildungsverhältnisses ebenso wie die eines befristeten Arbeitsverhältnisses auf die Wartezeit anzurechnen sind. Tatsächliche Unterbrechungen (z.B. wegen Urlaubs oder Krankheit) sind dabei unerheblich. Soweit zwischen mehreren Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht, sind diese ggf. zusammenzurechnen. Für die Beurteilung dessen kommt es auf Anlass und Dauer der Unterbrechung und auf die Art der Weiterbeschäftigung an. Dies gilt auch dann, wenn für ein früheres Arbeitsverhältnis nicht deutsches, sondern ausländisches Recht galt.