Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
Rz. 456
Bei einer einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses tritt für den Arbeitnehmer i.d.R. gem. § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III eine Sperrzeit in Bezug auf das Arbeitslosengeld ein. Grund für die Sperrzeit ist, dass der Arbeitnehmer durch seine Mitwirkung an dem Aufhebungsvertrag selbst für das Lösen des Arbeitsverhältnisses verantwortlich ist und damit ein Tatbestandsmerkmal ("Lösung des Beschäftigungsverhältnisses") des § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III erfüllt ist.
Rz. 457
Gem. § 159 Abs. 1 S. 1 SGB III tritt in diesem Fall eine Sperrzeit nur dann nicht ein, wenn der Arbeitslose für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte.
Ein solcher Grund liegt nicht allein deshalb vor, dass der Arbeitnehmer einer ansonsten drohenden arbeitgeberseitigen Kündigung zuvorkommen will. Dieses gilt auch dann, wenn die Auflösung durch Vereinbarung zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem auch eine rechtmäßige betriebsbedingte Kündigung gedroht hätte. Erforderlich ist zusätzlich, dass die drohende Kündigung objektiv rechtmäßig wäre und für den Arbeitnehmer ein Abwarten des Kündigungsausspruches unzumutbar ist. Die Unzumutbarkeit des Abwartens der Kündigung kann in folgenden Fällen gegeben sein:
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Die einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses wirkt sich positiv auf Eingliederungsmöglichkeiten aus, indem Nachteile einer arbeitgeberseitigen Kündigung für das berufliche Fortkommen vermieden werden. |
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Ein älterer Arbeitnehmer stimmt in einer krisenhaften Situation des Betriebes einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung zu, wodurch anderen Arbeitnehmern der Arbeitsplatz erhalten bleibt. |
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Ein leitender Angestellter i.S.v. § 14 KSchG sichert sich durch den Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der Kündigungsfrist eine Abfindung. Hierdurch wird die gleiche Ausgangslage hergestellt die der Arbeitgeber auch einseitig durch einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG herbeiführen könnte. |
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Der Arbeitnehmer sichert sich durch den Abschluss des Aufhebungsvertrag eine Abfindung und die ansonsten erfolgende rechtmäßige arbeitgeberseitige Kündigung aus nicht verhaltensbedingen Gründen würde das Arbeitsverhältnis zum selben Zeitpunkt beenden. |
Rz. 458
In seiner richtungsweisenden Entscheidung vom 12.7.2006 hat das BSG angekündigt, jedenfalls für Streitfälle ab dem 1.1.2004 unter Heranziehung der Grundsätze des § 1a KSchG auf eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung zu verzichten, wenn eine betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung der einschlägigen Kündigungsfrist ausgesprochen worden wäre und die Abfindungshöhe die in § 1a Abs. 2 KSchG vorgesehene nicht überschreitet. Dies ist seit Oktober 2007 auch in den Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 159 SGB III umgesetzt worden, wobei allerdings nach deren aktueller Fassung auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der hypothetischen Kündigung aus betriebs- oder personenbedingten Gründen nur verzichtet wird, wenn die Abfindung bis zu 0,5 Monatsentgelte für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses nicht überschreitet. Entsprechendes muss gelten, wenn die Höhe der vereinbarten Abfindung der Abfindung entspricht, die der Arbeitnehmer aufgrund eines Sozialplans beanspruchen kann.
Rz. 459
Neben den Fällen der drohenden arbeitgeberseitigen Kündigung können auch wichtige Gründe in der Person des Arbeitnehmers oder aus dem betrieblichen Bereich einen Aufhebungsvertrag rechtfertigen:
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Der Arbeitnehmer zieht mit seinem Ehegatten in eine gemeinsame Wohnung und die Arbeitsstelle kann von dem neuen Wohnort nicht zumutbar erreicht werden. Entsprechendes gilt beim Zuzug zum eheähnlichen Lebenspartner jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer davon ausgehen kann, dass eine Eheschließung in absehbarer Zeit erfolgt. Für die Bestimmung der Zumutbarkeit des Arbeitsweges kann auf die Kriterien des § 140 Abs. 4 SGB III abgestellt werden. |
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Religiöse oder Gewissensgründe verbieten dem Arbeitnehmer die Fortführung der bisherigen Tätigkeit. |
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Betreuung eines (unterhaltsberechtigten) nahen Angehörigen. |
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Nachweisbare gesundheitliche Beeinträchtigungen, die dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. Eine Unzumutbarkeit liegt nicht vor, wenn die Krankheit kurzfristig mit Erfolg behandelbar oder sogar noch vermeidbar ist. |
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Wechsel von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis in ein befristetes Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber, wenn mit der Aufnahme der befristeten Tätigkeit ein Wechsel in ein neues Berufsfeld erfolgt und mit der Erlangung zusätzlicher beruflicher Fähigkeiten verbunden ist. |
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Mobbinghandlungen eines Vorgesetzten, die über normale Kritik hinausgehen und dem Arbeitnehmer eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. |
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Zuweisung einer nicht der Qualifikation des Arbeitnehmers entsprechenden Tätigkeit, die mit Rücksicht auf die Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter unzumutbar ist (Beschäftigung eines Facharbeiters mit Hilfsarbeiten). |