Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
Rz. 196
Nach § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist, höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn der Elternzeit, und während der Elternzeit nicht kündigen. Der Kündigungsschutz gilt nach § 18 Abs. 2 BEEG entsprechend für Arbeitnehmer, die während der Elternzeit bei demselben Arbeitgeber Teilzeitarbeit leisten oder ohne Elternzeit in Anspruch zu nehmen, Teilzeitarbeit leisten und Anspruch auf Elterngeld nach § 1 BEEG während des Bezugszeitraums nach § 4 Abs. 1 BEEG haben.
Rz. 197
Das Kündigungsverbot gilt nur für Kündigungen des Arbeitgebers. Es gilt für außerordentliche und ordentliche Beendigungs- und Änderungskündigungen, bei Massenentlassungen und für die Kündigung durch den Insolvenzverwalter. Das Kündigungsverbot gilt nicht für sonstige Beendigungstatbestände, etwa Aufhebungsverträge, Befristungen, Anfechtungen oder die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitgebers nach § 9 KSchG. Auf die Eigenkündigung des Arbeitnehmers findet das Kündigungsverbot keine Anwendung. Wegen der Einzelheiten kann insoweit auf die Ausführungen zu § 17 MuSchG verwiesen werden (siehe oben Rdn 174 ff.).
Rz. 198
Die ohne Zustimmung des Integrationsamtes erklärte Kündigung ist unheilbar nichtig. Dies gilt selbst dann, wenn die Zustimmung unzweifelhaft zu erteilen gewesen wäre. Eine Überschneidung mit dem Kündigungsverbot des § 17 MuSchG ist denkbar; in diesem Fall bedarf der Arbeitgeber der Zulässigkeitserklärung nach beiden Vorschriften.
Rz. 199
"In besonderen Fällen" kann ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden, § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG. Der "besondere" muss kein "wichtiger" Grund i.S.v. § 626 BGB sein. Die Zulässigkeitserklärung erfolgt durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle, § 18 Abs. 1 S. 3 BEEG. Eine Übersicht über die nach Landesrecht zuständigen Behörden findet sich im Folgenden (siehe Rdn 209).
Rz. 200
Die nach § 18 Abs. 1 S. 4 BEEG erlassene "Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit" bestimmt, dass ein "besonderer Fall" vorliegt, wenn es gerechtfertigt erscheint, dass das nach § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG als vorrangig angesehene Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen außergewöhnlicher Umstände hinter die Interessen des Arbeitgebers zurücktritt. Dies ist nach Nummer 2 der insoweit nicht abschließenden Verwaltungsvorschrift ("insbesondere") anzunehmen im Fall
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einer Betriebsverlegung oder -stilllegung bei Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit, |
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der Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses wegen besonders schwerer Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder vorsätzlicher strafbarer Handlung des Arbeitnehmers oder |
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einer Existenzgefährdung des Betriebes oder der wirtschaftlichen Existenz des Arbeitgebers. |
Rz. 201
Die Behörde ist hingegen nicht befugt zu prüfen, ob anstelle der vom Arbeitgeber behaupteten Betriebsstilllegung ein Betriebsübergang vorliegt. Die Prüfung dieser arbeitsrechtlichen Frage fällt der Arbeitsgerichtsbarkeit zu.
Rz. 202
Kleinbetriebe mit höchstens fünf Arbeitnehmern können sich nach Nummer 2.2.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit unter erleichterten Voraussetzungen auf Existenzgefährdung berufen.
Rz. 203
Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit ist lediglich eine innerdienstliche Anweisung, aus der sich keine unmittelbaren Rechte der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ableiten lassen. Sie bindet nur die zuständigen Verwaltungsbehörden, nicht dagegen die Gerichte. Wenn ein besonderer Fall bejaht werden kann, hat die Behörde gleichwohl noch nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob das Interesse des Arbeitgebers an einer Kündigung während der Elternzeit so erheblich überwiegt, dass ausnahmsweise die Kündigung für zulässig zu erklären ist.