Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
Rz. 474
Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten aber dann, wenn die ausgesprochene Kündigung objektiv rechtmäßig ist. Gleiches gilt, wenn vor einem Arbeitsgericht ohne vorherige Absprache ein Vergleich über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zustande kommt. Ein gerichtlicher Vergleich, der die Arbeitslosigkeit nicht zu einem früheren Zeitpunkt herbeiführt als die vorausgegangene Kündigung, löst daher keine Sperrzeit aus, es sei denn, es läge eine Umgehung (z.B. Vorfeldabsprache) vor. Eine Sperrzeit tritt auch dann nicht ein, wenn ein Arbeitnehmer ohne Vorfeldabsprache eine betriebsbedingte Kündigung, in der ihm ein Abfindungsangebot nach § 1aKSchG unterbreitet worden ist, lediglich hinnimmt. Ansonsten würde die in § 1a KSchG zu Tage tretende gesetzgeberische Grundentscheidung konterkariert. Erfolgt die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses in einem gerichtlichen Vergleich, kann sich der Arbeitnehmer nach der Rspr. des BSG nicht stets auf einen die Sperrzeit hindernden wichtigen Grund berufen; vielmehr soll bei entsprechenden Anhaltspunkten zu prüfen sein, ob das Gesamtgeschehen als Gesetzesumgehung zum Nachteil der Versichertengemeinschaft zu werten ist. Eine solche läge z.B. dann vor, wenn die Parteien des Arbeitsverhältnisses den Weg über eine offenkundig rechtswidrige Kündigung (z.B. unterlassene Anhörung des BR) oder über eine vom Arbeitnehmer initiierte Kündigung durch den Arbeitgeber jeweils mit anschließender Klage vor dem ArbG einvernehmlich mit dem Ziel beschritten hätten, den Eintritt einer Sperrzeit zu vermeiden.
Überdies dürfte eine Sperrzeit – ähnlich wie beim Aufhebungsvertrag (vgl. hierzu Rdn 456 ff.) – nicht verhängt werden, wenn dem Abschluss des Abwicklungsvertrages eine betriebsbedingte Kündigung vorausgegangen ist und die vereinbarte Abfindung zwischen 0,25 und 0,5 Monatsentgelten liegt. Dies gilt auch, wenn einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer eine betriebsbedingte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist droht.
Entgegen der bisherigen Handhabung führt damit letztlich der Abschluss eines Abwicklungsvertrages i.d.R. zur Verhängung einer zwölfwöchigen Sperrzeit in Bezug auf das Arbeitslosengeld. Dies führt dazu, dass dem Arbeitnehmer der Abschluss eines Abwicklungsvertrages in der bisherigen Ausgestaltung nur in bestimmten Konstellationen zu empfehlen ist.
Rz. 475
Praxishinweis
Bei der Gestaltung einer Aufhebungs- oder Abwicklungsvereinbarung sollten stets die umfänglichen Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit an die örtlichen Arbeitsagenturen in ihrer jeweils aktuellen Fassung beachtet werden. Hierdurch kann sich gegebenenfalls ein langwieriges Verfahren vor dem Sozialgericht vermeiden lassen.