Rz. 228

Wie dargestellt, hat das Schiedsgericht keine Kompetenz, Zeugen oder Sachverständige zu vereidigen oder auch nur ihr Erscheinen zu erzwingen. Daraus kann nicht sogleich der Schluss gezogen werden, dass es dann, wenn ein Zeuge nicht erscheint oder erkennbar etwas Falsches aussagt, untätig zusehen müsste.

 

Rz. 229

Für diese Fälle gibt § 1050 ZPO dem Schiedsgericht oder den Parteien die Möglichkeit, die Hilfe des staatlichen Gerichts anzurufen. Nach dieser Norm kann das Schiedsgericht oder eine Partei mit seiner Zustimmung bei Gericht Unterstützung bei der Beweisaufnahme oder die Vornahme sonstiger richterlicher Handlungen beantragen, zu denen das Schiedsgericht nicht befugt ist. Diese Vorschrift ist ein Teil der gerichtlichen Rechtshilfe. Das staatliche Gericht wird hier rein unterstützend tätig.

 

Rz. 230

Die Unterstützung kommt für die Handlungen in Betracht, die das Schiedsgericht mangels Kompetenz nicht vornehmen kann. Dies sind im Wesentlichen die folgenden Vorgänge:

 

Rz. 231

Zeugen können nach § 391 ZPO, Sachverständige nach § 410 ZPO nur vom staatlichen Gericht vereidigt werden. Wenn das Schiedsgericht zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage oder eines korrekten Gutachtens eine Vereidigung für erforderlich hält, hat es die Möglichkeit, die Sache zum Zwecke der Vereidigung dem staatlichen Gericht vorzulegen.
Dasselbe gilt für die Vereidigung von Parteien. Auch diese können nach § 452 ZPO auf ihre Aussage beeidigt werden, auch dies jedoch wiederum nur vom staatlichen Gericht.
Erscheint ein Zeuge zu seiner vorgesehenen Vernehmung nicht oder weigert sich ein Sachverständiger, sein Gutachten zu erstatten, so hat wiederum nur das staatliche Gericht Möglichkeiten, Zwang auszuüben (§§ 380, 409 ZPO). Hält das Schiedsgericht ein entsprechendes Vorgehen für geboten, kann es das staatliche Gericht um entsprechende Unterstützung bitten.
Gerade in familienrechtlichen Verfahren, insbesondere in Unterhaltssachen, bestehen nach § 235 FamFG Auskunftspflichten der Beteiligten und nach § 236 FamFG solche von Dritten, etwa Arbeitgebern oder auch Finanzämtern. Es kann daran gedacht werden, in Schiedsverfahren, die den Unterhaltsanspruch eines Ehegatten zum Gegenstand haben, die staatlichen Gerichte um Unterstützung zu bitten, wenn erforderliche Auskünfte nicht freiwillig erteilt werden.
In einer Einzelfallentscheidung ist ein Antrag auf gerichtliche Überprüfung des Streitwertes für zulässig gehalten worden.[103]
 

Rz. 232

Voraussetzung für die gerichtliche Unterstützung ist ein Antrag des Schiedsgerichts beim staatlichen Gericht. Daneben gibt es die Möglichkeit, dass auch eine Partei den Antrag stellt. Diese benötigt dazu jedoch die Zustimmung des Schiedsgerichts.

 

Rz. 233

Der Antrag ist an das nach § 1062 Abs. 4 ZPO zuständige Amtsgericht zu richten. Zuständig ist dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk die richterliche Handlung vorzunehmen ist. Der Sitz des Schiedsgerichts ist dagegen unerheblich.

 

Rz. 234

 

Beispiel

Ein Schiedsgericht in Bremen möchte die Vereidigung eines Zeugen herbeiführen, der in München lebt.

Das Gesuch wäre an das Amtsgericht München zu richten.

 

Rz. 235

Das angerufene Amtsgericht prüft zunächst die Zulässigkeit des Antrages, also die eigene örtliche Zuständigkeit. Es prüft sodann die Zulässigkeit des Gesuches, insbesondere die Frage, ob das Schiedsgericht die erbetene Handlung nicht selbst vornehmen kann, was das Gesuch unzulässig machen würde, weil eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1050 ZPO diejenige ist, dass das Schiedsgericht zu der erbetenen Handlung nicht befugt ist. Weitere Voraussetzung ist die inhaltliche Zulässigkeit der erbetenen Maßnahme.

 

Rz. 236

 

Beispiel

Das Schiedsgericht bittet das örtlich zuständige Amtsgericht, den von ihm vernommenen Zeugen Z auf seine Aussage zu beeidigen. Der Zeuge hat das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet.

Der Antrag wäre zurückzuweisen, weil der Zeuge nach § 393 ZPO nicht beeidigt werden darf.

 

Rz. 237

Die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung hat das Amtsgericht dagegen nach hier vertretener Auffassung nicht zu prüfen. Denn dies fällt nach § 1062 Abs. 4 ZPO in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts, das dazu im Aufhebungsverfahren nach § 1059 Abs. 2 ZPO berufen ist.[104]

 

Rz. 238

Das staatliche Gericht entscheidet über das Gesuch durch Beschluss, der, sofern es zurückgewiesen wird, nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar wäre.

 

Rz. 239

Wird die erbetene Maßnahme durchgeführt, also beispielsweise Beweis erhoben, so haben die Schiedsrichter nach § 1050 Satz 3 ZPO das Recht, an der gerichtlichen Beweisaufnahme teilzunehmen. Sie können auch selbst Fragen stellen. Dementsprechend ist das Schiedsgericht von dem Termin zu informieren.

 

Rz. 240

Die Maßnahme selbst unterliegt den gesetzlichen Vorgaben für die entsprechende Handlung, also etwa den Vorschriften über die Beweisaufnahme.

 

Rz. 241

Abschriften des vom staatlichen Gericht erstellten Protokolls leitet dieses an das Schiedsgericht, das die Aussagen entsprechend den Grundsä...

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