aa) Gefahrübergang bei Versendung
Rz. 56
Nach § 446 BGB geht die Gefahr mit der "Übergabe" auf den Käufer über. Für den Versendungskauf, bei dem zwingend eine Ware versandt werden muss, gilt indes § 447 BGB: Die Gefahr des zufälligen Untergangs geht mit der Übergabe an die Versandperson über. § 447 BGB war durch den früheren § 474 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. für den Verbrauchsgüterkauf gänzlich ausgeschlossen. Seit dem 13.6.2014 gilt dieses Verbot nicht mehr vollständig: § 475 Abs. 2 BGB lässt beim Verbrauchsgüterkauf Raum für die Anwendung des § 447 Abs. 1 BGB, mit der Maßgabe, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung nur dann auf den Käufer übergeht, wenn der Käufer den Spediteur, den Frachtführer oder die sonst zur Ausführung der Versendung bestimmte Person oder Anstalt mit der Ausführung beauftragt hat und der Unternehmer dem Käufer diese Person oder Anstalt nicht zuvor benannt hat. § 447 Abs. 2 BGB ist gem. § 475 Abs. 3 S. 2 BGB vollständig ausgeschlossen, was wegen § 446 BGB auch durch AGB nicht abdingbar ist. Im Regelfall, in dem der Verkäufer den Versender auswählt und koordiniert, behält er also zwingend die volle Gefahr für jeden Untergang bis zur Verschaffung des tatsächlichen Besitzes an der Sache.
Während beim Verbrauchsgüterkauf in Gestalt des Versendungskaufs also die Gefahrtragung wegen § § 476 BGB durch AGB nicht abweichend geregelt werden kann, bleibt es weiterhin zulässig, in anderen Fällen des Verbrauchsgüterkaufs den Gefahrübergang abweichend von § 446 BGB vorzusehen. Für Verkäufe (auch Verbrauchsgüterkäufe) außerhalb des Versandhandels bleibt die Möglichkeit, den Leistungsort (Sitz des Verkäufers) – deklaratorisch – festzulegen und (mangels Versendung) eine Holschuld zu begründen. Da dies der gesetzlichen Vermutungsregelung des § 269 Abs. 1 und Abs. 3 BGB entspricht, kann eine solche Regelung kaum unzulässig sein – es sei denn, dass die (typische) Verkaufskonstellation z.B. eine Bringschuld nahelegt.
bb) Kosten der Versendung
Rz. 57
§ 448 Abs. 1 BGB sieht vor, dass der Verkäufer die Kosten der Übergabe an den Käufer trägt. Diese Bestimmung ist (auch durch AGB) abdingbar. Das Maß der Kostentragungspflicht des Verkäufers bestimmt sich also wesentlich danach, ob eine Hol-, Bring- oder Schickschuld vereinbart wird bzw. anzunehmen ist. Gerade für den wichtigen Fall des standardisierten Versandhandels von Verbrauchsgütern hat der Gesetzgeber die Kostenabwälzung auf den Käufer (Verbraucher) ausdrücklich anerkannt, siehe Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB ("sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten"). Die Höhe der Kosten sollte in solchen Fällen in der Klausel allerdings wegen der Transparenz betragsmäßig benannt und – zur Vermeidung einer unangemessenen Abweichung von § 448 BGB gem. § 307 Abs. 2 BGB – sachgerecht begrenzt werden.