Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 84
Kann die Forderung auch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung begründet werden, weil ihr beispielsweise ein Eingehungsbetrug zugrunde liegt (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB) muss der Schuldgrund bereits in den Klageantrag aufgenommen werden. Der Gläubiger sollte darauf hinwirken, dass dies auch entsprechend in den Urteilstenor aufgenommen wird, um so das pfändbare Einkommen (§§ 850c, 850f Abs. 2 ZPO) zu erhöhen und die Insolvenzfestigkeit der Forderung nach § 302 InsO herzustellen.
Beispiel
Der Schuldner schließt einen Kaufvertrag oder nimmt im Rahmen eines Dienstvertrages Dienste entgegen, obwohl er in den letzten sechs Monaten vor oder in den folgenden drei Monaten nach dem Vertragsabschluss die Vermögensauskunft für einen anderen Gläubiger abgibt, worin sich seine mangelnde Leistungsfähigkeit und sein fehlender Leistungswille dokumentiert.
Rz. 85
Durch die Vorlage eines Vollstreckungsbescheides kann der Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO durch den Gläubiger nicht geführt werden. Das gilt auch bei Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen, es sei denn aus der Tenorierung ergibt sich der Umstand der vorsätzlich unerlaubten Handlung. Eine materiell-rechtliche Prüfung kann im Vollstreckungsverfahren nicht stattfinden. Das Mahnverfahren dient nur der Durchsetzung eines Zahlungsanspruchs nicht aber auch dessen materiell-rechtlicher Qualifikation. Der BGH verlangt deshalb, dass der Nachweis in einem Verfahren vor dem Prozessgericht geführt wird, in dem zumindest eine Schlüssigkeitsprüfung durchgeführt wird. Dem muss der Bevollmächtigte durch eine entsprechende Antragstellung Rechnung tragen.
Rz. 86
Formulierungsvorschlag
"Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger wegen vorsätzlich unerlaubter Handlung 2.000 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.6.2024 zu zahlen."
oder
„1. Der Beklagte wird verurteilt an den Kläger 2.000 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.6.2024 zahlen
2. Es wird festgestellt, dass die Forderung aus Ziffer 1) auch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung stammt.“
Rz. 87
Stellt der Schuldner in einem gerichtlichen Vergleich den Rechtsgrund der titulierten Forderung als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung außer Streit, so steht das Beruhen der Forderung auf einer unerlaubten Handlung für den Feststellungsprozess bindend fest. Nicht anderes kann – im Sinne des Urkundenbeweises – gelten, wenn das Anerkenntnis in einer privatrechtlichen Urkunde enthalten ist, jedenfalls insoweit wie dort nicht nur eine formelhafte Feststellung getroffen wird, sondern ein Bezug zum tatsächlichen und konkreten Geschehen hergestellt wird.
Rz. 88
Tipp
Um möglichst schnell einen Titel zu erlangen, wird deshalb empfohlen einerseits einen Vollstreckungsbescheid zu erwirken – unter Bezeichnung der Forderung aus vorsätzlichem Delikt – und parallel dazu eine titelergänzende Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO einzureichen, um so in den Genuss des Vollstreckungsprivilegs aus § 850f Abs. 2 ZPO zu gelangen.