Rz. 7

Im gerichtlichen Bereich ist die Bestimmung noch verhältnismäßig einfach. Hier gilt zunächst nach der ganz herrschenden Meinung der Grundsatz:

ein gerichtliches Verfahren = eine Angelegenheit,
mehrere gerichtliche Verfahren = verschiedene Angelegenheiten.[4]

Bis auf ganz wenige Ausnahmen stellt daher jedes gerichtliche Verfahren eine eigenständige Angelegenheit dar, selbst wenn ein Begehren in mehreren Verfahren verfolgt wird. Dasselbe gerichtliche Verfahren ist hingegen grundsätzlich immer eine einheitliche gebührenrechtliche Angelegenheit, selbst wenn es darin um verschiedene Ansprüche von mehreren Parteien geht. Auch das BVerfG hat hierzu festgestellt, dass es für ein Tätigwerden "in derselben Angelegenheit" im gerichtlichen Verfahren regelmäßig schon genüge, dass die Begehren mehrerer Auftraggeber einheitlich in demselben Verfahren geltend gemacht werden und zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht.[5] Dies gilt auch dann, wenn mehrere Auftraggeber einen Rechtsanwalt an unterschiedlichen Tagen beauftragen.[6]

 

Rz. 8

Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei aber auch den gesetzlichen Regelungen §§ 16 bis 19 RVG gelten. Darin hat der Gesetzgeber für bestimmte Konstellationen – fast ausschließlich für den gerichtlichen Bereich – die Frage der Angelegenheit teilweise geklärt. Während § 16 RVG die Sonderfälle regelt, in denen ausnahmsweise mehrere prozessuale Verfahren dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit sind, legen §§ 17 und 18 RVG fest, wann verschiedene bzw. besondere Angelegenheiten vorliegen. § 19 RVG regelt schließlich, welche Tätigkeiten, die mit dem Verfahren zusammenhängen, mit zum Rechtszug gehören und daher nicht gesondert abgerechnet werden können.

[4] Insbesondere in der Sozialgerichtsbarkeit wird auch bei mehreren Parallelverfahren teilweise nur von einer einheitlichen Angelegenheit ausgegangen. Dabei wird allerdings verkannt, dass es sich hier nicht um eine Frage der Angelegenheit, sondern um eine solche der Notwendigkeit getrennten Vorgehens und damit der Erstattungsfähigkeit handelt. Zutreffend LSG Bremen, Beschl. v. 10.6.2020 – L 7 AS 1/18 B.
[5] BGH, Beschl. v. 26.9.2018 – VII ZB 54/16, AGS 2018, 443 = AnwBl Online 2019, 76; BGH, Beschl. v. 24.3.2016 – III ZB 116/15; BVerfG, Beschl. v. 4.12.2013 – 1 BvQ 33/11.

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