Rz. 108
Die Erledigungsgebühr nach Nrn. 1002 bzw. 1005 VV RVG entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt hat. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt hat.
a) Mit Rechtsbehelf angefochtener Verwaltungsakt
Rz. 109
Grundvoraussetzung ist zunächst, dass ein für den Mandanten ungünstiger Verwaltungsakt ergangen ist oder ein von diesem beantragter Verwaltungsakt ganz oder teilweise abgelehnt wurde. Nicht ausreichend ist es, wenn seitens der Behörde lediglich Bedenken geäußert oder die Beibringung von Beweisen, Ergänzung des Vortrags oder Ähnliches gefordert wird. Sie muss vielmehr abschließend einen für den Mandanten ungünstigen Standpunkt eingenommen haben.
Darüber hinaus muss es sich um ein Rechtsbehelfsverfahren handeln. Die Erledigungsgebühr kann nicht anfallen, wenn der Anwalt – bevor überhaupt ein Verwaltungsakt in der Welt ist – bereits im Antrags- oder Anhörungsverfahren tätig wird und durch seine Mitwirkung den Erlass des beantragten Verwaltungsaktes erreicht oder der Erlass eines ungünstigen Verwaltungsaktes unterbleibt.
b) Mitwirkung
Rz. 110
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu Nrn. 1005 bzw. 1002 VV RVG ist eine Mitwirkung an der Erledigung nur dann gegeben, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs oder der Klage hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet. Die Regelungssystematik, der Sinn und Zweck der Regelung sowie ihre Entstehungsgeschichte erforderten eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Verfahren abgegolten wird. Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liege z.B. vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue, bisher noch nicht bekannte Beweismittel im Widerspruchsverfahren beibringt. Anders verhalte es sich bei der Vorlage schon präsenter Beweismittel im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB X), deren unaufgeforderte Vorlage bereits mit der Geschäftsgebühr bzw. der Auslagenpauschale abgegolten ist. Zudem müsse die Mitwirkung des Anwalts kausal für die Erledigung der Rechtssache gewesen sein. Dies sei nur dann der Fall, wenn seine Tätigkeit nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass es zu einer streitigen Erledigung des Rechtsstreits gekommen wäre.
Rz. 111
Es ist daher immer eine Prüfung im Einzelfall vorzunehmen. Die Frage der Mitwirkung ist nach wie vor Gegenstand zahlreicher Entscheidungen. Bejaht wurde die Erledigungsgebühr u.a. bei der Beibringung neuer Beweismittel, Verhandlungsgesprächen mit der zuständigen Behörde oder der Beratung des Mandanten, einen Vorschlag der Behörde oder des Gerichts zur Erledigung des Verfahrens anzunehmen. Eine Mitwirkung an der endgültigen Erledigung kann auch dann angenommen werden, wenn der Anwalt den Mandanten dazu bewegt, sich mit einer Teilerledigung durch Teilaufhebung oder -erlass des Verwaltungsaktes zufrieden zu geben.
Hierzu sollten ggf. entsprechende Vermerke in der Handakte und Sachvortrag durch den Anwalt erfolgen, da sich nicht alle mitwirkungstauglichen Handlungen immer auch aus der Behörden- oder Gerichtsakte ergeben und daher vom Anwalt dargelegt werden müssen.