Literaturhinweise:
Enders, Das 2. KostRMoG – Einigungsgebühr bei Zahlungsvereinbarungen, JurBüro 2013, 561; Goebel, Einzelheiten zur Einigungsgebühr für Rechtsanwälte und Inkassodienstleister, FMP 2021, 145; Hansens, Anfall der Einigungsgebühr bei Hauptsacheerledigung, AGS 2021, 146; Schneider, Vergütung für Ratenzahlungsvereinbarungen in der Zwangsvollstreckung, AGS 2018, 53; ders., Die Höhe der Einigungsgebühr bei Wertgebühren, AGkompakt 2015, 2; Thiel/Schneider, Einigungs- und Erledigungsgebühr in sozialrechtlichen Verfahren, AGkompakt 2013, 108.
Rz. 90
In Teil 1 VV RVG sind u.a. auch Einigungs- und Erledigungsgebühren vorgesehen – sogenannte Erfolgsgebühren. Durch diese soll die mit einer Einigung verbundene Mehrbelastung und erhöhte Verantwortung des beteiligten Rechtsanwalts vergütet werden, um damit auch die Belastung der Gerichte zu mindern.
In der Praxis ist Gegenstand vieler Streitigkeiten die Frage, ob und in welcher Höhe diese Gebühren angefallen sind. Es gibt viele Detailfragen und oft kommt es auf den genauen Sachverhalt im Einzelfall an. Daher sollen hier nur die grundlegendsten Voraussetzungen aufgezeigt werden, um das Problembewusstsein zu schärfen.
Da es sich um allgemeine Gebühren handelt, können sie in der Regel in allen gebührenrechtlichen Angelegenheiten anfallen, sofern sich aufgrund der spezifischen Eigenarten nichts anderes ergibt. Sie entstehen nicht gesondert, sondern immer nur neben einer "Betriebsgebühr". Dass die Gebühren auch bei einer Beratung nach § 34 RVG anfallen können, war früher umstritten, wurde inzwischen aber vom Gesetzgeber durch eine entsprechende Ergänzung der Vorbem. 1 VV RVG klargestellt.
I. Einigungsgebühr
Rz. 91
Entsprechend Nr. 1000 VV RVG entsteht die Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags,
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Nr. 1: durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird oder |
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Nr. 2: durch den die Erfüllung des Anspruchs geregelt wird bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf seine gerichtliche Geltendmachung oder, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen (Zahlungsvereinbarung). |
Rz. 92
Dabei ist zu beachten dass nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 1000 VV RVG die Einigungsgebühr nach Nr. 1 ausdrücklich dann nicht entsteht, wenn der Hauptanspruch anerkannt oder wenn auf ihn verzichtet wird. In diesen Fällen kommt nur eine reduzierte Einigungsgebühr nach Nr. 2 in Betracht. Bloße Erfüllungshandlungen lösen keine Einigungsgebühr aus. Dasselbe gilt, wenn nach Einwendungen der Gegenseite auf die weitere Geltendmachung des Anspruchs ohne weitere Bedingungen verzichtet wird.
Rz. 93
Bei einem unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter dem Vorbehalt des Widerrufs geschlossenen Vertrag entsteht die Gebühr erst dann, wenn die Bedingung eingetreten ist oder der Vertrag nicht mehr widerrufen werden kann, Anm. Abs. 3 zu Nr. 1000 VV RVG.
1. Voraussetzungen
a) Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis
Rz. 94
Durch den Vertrag muss Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden. Handelt es sich um originäre Vertragsverhandlungen, die auf das Aushandeln eines Vertrages gerichtet sind, mit dem kein bestehendes Vertragsverhältnis geregelt, sondern ein Rechtsverhältnis erst eingegangen werden soll, fällt keine Einigungsgebühr an. Dies gilt auch dann, wenn sich die Beteiligten bei ihren Forderungen entgegenkommen. Für den Abschluss eines Kauf-, Arbeits-, Ehe- oder Mietvertrages kann daher in der Regel keine Einigungsgebühr geltend gemacht werden, es sei denn, damit wird eine auf ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis bezogene Unsicherheit beseitigt, weil sich eine der Parteien zuvor eines Anspruchs berühmt hat.
b) Zahlungsvereinbarung
Rz. 95
Die Variante der Zahlungsvereinbarung wurde durch das 2. KostRMoG 2013 neu eingeführt und 2021 angepasst.
Es kommt in der Praxis häufiger vor, dass eine Forderung oder ein geltend gemachter Anspruch vollkommen unstreitig ist, jedoch Unsicherheiten in Bezug auf die Durchsetzung bestehen oder sich die Parteien über Zahlungsmodalitäten einigen. Auch hier bedeutet dies für den Anwalt in aller Regel eine Mehrbelastung sowie eine erhöhte Verantwortung. Nach dem Übergang von der Vergleichsgebühr in der BRAGO zur Einigungsgebühr im RVG war in Rechtsprechung und Literatur nicht unumstritten, ob mangels Streit über das Rechtsverhältnis insbesondere bei titulierten Forderungen eine Einigungsgebühr anfallen kann. Der Gesetzgeber war allerdings davon ausgegangen, dass die Einigungsgebühr auch für die Mitwirkung bei einer Ratenzahlungsvereinbarung anfällt. Mit der Neufassung wurde die Frage geklärt, der Gebührensatz später aber herabgesetzt.