Rz. 72
Hat man die erste Hürde der korrekten Abrechnung nach dem RVG genommen, wartet bereits die zweite. Bei Rechnungslegung gegenüber den Auftraggebern gilt § 7 Abs. 2 RVG. Jeder der Auftraggeber schuldet die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Rechtsanwalt nur in seinem Auftrag tätig geworden wäre. Er kann aber insgesamt nicht mehr als die nach § 7 Abs. 1 RVG berechneten Gebühren und die insgesamt entstandenen Auslagen fordern. Ungeachtet dessen muss er für jeden Auftraggeber eine gesonderte Rechnung ausstellen, in der ausgewiesen ist, welchen Betrag der Einzelne zu begleichen hat. Doch wie ist gegenüber einem Dritten abzurechnen, der nicht für alle Auftraggeber die Kosten zu übernehmen hat?
1. Gegner
Rz. 73
In der Rechtsprechung wird ganz überwiegend vertreten, dass einem obsiegenden Streitgenossen, der vom selben Anwalt wie der unterlegene Streitgenosse vertreten war, der Prozessgegner grundsätzlich nur den Bruchteil der Anwaltskosten zu erstatten hat, den der Obsiegende im Innenverhältnis der Auftraggeber des Anwalts zu tragen hat. Die bloße Befürchtung, der andere Streitgenosse werde den von ihm geschuldeten Gebührenanteil dem gemeinsamen Anwalt schuldig bleiben, reiche nicht aus, um die Alleinhaftung des obsiegenden Streitgenossen darzutun. Etwas anderes gelte nur dann, wenn dargelegt und im Streitfall glaubhaft gemacht wird, dass der erstattungsberechtigte Streitgenosse dem Anwalt die Anwaltsvergütung über den Kopfteil hinaus zu zahlen hat oder sie bereits gezahlt hat. In der Literatur wird vereinzelt das Günstigkeitsprinzip befürwortet, wonach dem obsiegenden Streitgenossen auch der seiner Haftung nach § 7 Abs. 2 RVG entsprechende Betrag zu erstatten ist.
2. Prozesskostenhilfe
Rz. 74
Wurde allen Auftraggebern Prozesskostenhilfe bewilligt, ist die Sachlage eindeutig. Der Anwalt erhält alle Gebühren in voller Höhe aus der Staatskasse. Problematisch ist es jedoch, wenn die uneingeschränkte Bewilligung nur für einen von mehreren Streitgenossen erfolgt. Hier ist nach wie vor umstritten, in welcher Höhe der Anwalt die Gebühren aus der Staatskasse erhält. Nach der inzwischen herrschenden Meinung erhält er die Gebühren in voller Höhe entsprechend § 7 Abs. 2 RVG, so als ob die PKH-Partei(en) alleinige(r) Auftraggeber gewesen wären. Eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs des Anwalts erfolge weder auf eine Quote noch den Erhöhungsbetrag nach Nr. 1008 VV RVG entsprechend der Gesamtzahl der Vertretenen. Dafür spricht auch, dass in der VwV Vergütungsfestsetzung die Prüfung der Inanspruchnahme ausgleichspflichtiger Streitgenossen geregelt ist. Teilweise wird allerdings vertreten, dass der gemeinsame Rechtsanwalt aus der Staatskasse nur die 0,3-Erhöhung der Verfahrensgebühr erhält oder der Vergütungsanspruch auf die Mithaftungsquote entsprechend der wertmäßigen Beteiligung am Streitgegenstand beschränkt ist.
Die Problematik stellt sich allerdings erst gar nicht, wenn mit dem BGH die Prozesskostenhilfe nicht unbeschränkt bewilligt wurde, sondern bereits die Bewilligung auf die Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG beschränkt ist.