Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 94
§ 6 BDSG regelt die Stellung des Datenschutzbeauftragten öffentlicher Stellen. Durch Verweisung in § 38 Abs. 2 BDSG finden wesentliche Regelungen des § 6 BDSG auch auf den Datenschutzbeauftragten nichtöffentlicher Stellen Anwendung. Nach § 38 Abs. 2 BDSG i.V.m. § 6 Abs. 4 S. 2 BDSG ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, welche die öffentliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Nach der Abberufung als Beauftragter für den Datenschutz ist die Kündigung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung der Bestellung unzulässig, es sei denn, dass die öffentliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt ist, § 6 Abs. 4 S. 3 BDSG. Der Sonderkündigungsschutz besteht auch während der Probezeit. Wird ein Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis zum Beauftragten für den Datenschutz bestellt, liegt darin regelmäßig das Angebot des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen um die mit dem Amt verbundenen Aufgaben zu erweitern. Der Arbeitgeber will der Verpflichtung aus § 38 BDSG genügen und die dafür erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen treffen, aber keine weitergehenden Verpflichtungen eingehen. Der Arbeitnehmer strebt regelmäßig keine – für ihn nachteilige – vertragliche Einschränkung auf die Tätigkeiten des Amtes an. Notwendig ist die Änderung des Arbeitsvertrags für die Zeitspanne, für die der Arbeitnehmer das Amt nach den gesetzlichen Bestimmungen ausübt. Nimmt der Arbeitnehmer dieses Angebot durch sein Einverständnis mit der Bestellung an, wird der Arbeitsvertrag für die Zeitspanne der Übertragung des Amts geändert. Wird der Datenschutzbeauftragte nach § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG abberufen oder entfällt das Funktionsamt auf andere Weise, ist die Tätigkeit nicht mehr Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistung. Damit entfällt insoweit der arbeitsvertragliche Beschäftigungsanspruch. Auf nichtöffentliche Stellen ist § 6 Abs. 4 BDSG nach § 38 Abs. 2 BDSG nur anwendbar, wenn die Benennung des Datenschutzbeauftragten verpflichtend war. Der Schutz kommt im tatsächlichen Vertretungsfall auch dem stellvertretenden Datenschutzbeauftragten zu.
Rz. 95
Nach § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG ist die Abberufung der oder des Datenschutzbeauftragten nur in entsprechender Anwendung des § 626 BGB zulässig. Als wichtige Gründe kommen insbesondere solche in Betracht, die mit der Funktion und Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zusammenhängen und eine weitere Ausübung dieser Tätigkeit unmöglich machen oder sie zumindest erheblich gefährden. Ein Geheimnisverrat, eine dauerhafte Verletzung der Kontrollpflichten als Datenschutzbeauftragter oder die wirksame Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses kann beispielsweise ein wichtiger Grund für den Widerruf der Bestellung eines internen Beauftragten für den Datenschutz sein.
Rz. 96
Eine organisatorische Änderung, nach der der betriebliche Datenschutz zukünftig durch einen externen statt durch einen internen Datenschutzbeauftragten gewährleistet werden soll, rechtfertigt den Widerruf der Bestellung aus wichtigem Grund nicht. Die Zulassung einer jederzeitigen Widerrufsmöglichkeit aufgrund einer organisatorischen Änderung und die generelle Anerkennung einer freien Strukturentscheidung als wichtiger Grund würden dazu führen, den besonderen Abberufungsschutz, der insbesondere der Sicherung der unabhängigen Stellung des Datenschutzbeauftragten dient, zur Disposition der nicht-öffentlichen Stelle zu stellen. Für die Darlegung, dass eine entsprechende Umorganisation aus sonstigen Gründen zwingend geboten war, reichen allein Kostenersparnisgründe und die Schaffung einer "einheitlichen Organisation" im Konzern nicht aus. Ein wichtiger Grund für einen Widerruf der Bestellung folgt nicht aus der Mitgliedschaft im Betriebsrat. Eine generelle Unvereinbarkeit ist nicht anzunehmen. Ein Widerruf der Bestellung kommt erst bei einer unzureichenden Aufgabenwahrnehmung in Betracht. Wird die Bestellung nach § 6 Abs. 4 S. 1 BDSG wirksam widerrufen, ist die Tätigkeit des Beauftragten für den Datenschutz nicht mehr Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistung. Es bedarf dann keiner Teilkündigung mehr.
Rz. 97
Ein Absinken der Beschäftigtenzahl unter den Schwellenwert des § 38 Abs. 1 BDSG während der Tätigkeit als Beauftragter für den Datenschutz führt dazu, dass dessen Sonderkündigungsschutz nach § 38 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 4 BDSG entfällt, ohne dass es eines Widerrufs der Bestellung durch den Arbeitgeber bedarf. Endet durch ein Unterschreiten des Schwellenwerts nach § 38 Abs. 1 BDSG die Funktion als verpflichtender Beauftragter für den Datenschutz, beginnt der nachwirkende Sonderkündigungsschutz des § 38 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 4 S. 3 BDSG.