Rz. 70
Folgende Besonderheiten sind bei dem Ersatz eine Schadensersatzanspruchs nach schweizerischem Schadensersatzrecht bei einem Verkehrsunfall zu beachten:
1) Gefährdungs- und Verschuldenshaftung
Der Halter haftet grundsätzlich unter dem Aspekt der Gefährdungshaftung (Art. 58 Abs. 1 SVG) – dies auch für andere Personen, die mit seinem Fahrzeug einen Schaden verursachen (§ 58 Abs. 4 SVG). § 59 SVG sieht einen Ausschluss bei höherer Gewalt vor. Bei grobem Fehlverhalten der Gegenseite kann die Gefährdungshaftung (wie im deutschen Recht) ganz zurücktreten.
2) Polizeiliche Unfallaufnahme
Bei Sachschäden besteht keine Verpflichtung, die Polizei hinzuzuziehen und es erfolgt nur selten eine Unfallaufnahme. Bei Personenschäden ist die Polizei jedoch zu benachrichtigen, welche den Unfall protokolliert.
3) Fahrzeugschaden
Der Geschädigte erhält i.d.R. die Reparaturkosten ersetzt unabhängig davon, ob er das Fahrzeug repariert. Es gelten grundsätzlich die Preisverhältnisse am Wohnsitz des Geschädigten (auch wenn dieser im Ausland liegt). Auf Basis eines Kostenvoranschlags werden meist nur geringfügige Schäden abgewickelt und ab 800 EUR sollte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Im Fall eines Totalschadens wird der Wiederbeschaffungswert unter Anrechnung des Restwerts erstattet.
Unter engen Voraussetzungen ist auch eine Abrechnung auf Neuwagenbasis zulässig, wie z.B. bei einem lediglich 2,5 Monate alten Kfz mit einer Laufleistung von 7.000 km – ggf. unter Anrechnung ersparter Eigenaufwendungen in Höhe von 5 %. Generell gilt dabei als Richtwert eine Laufleistung von nicht mehr als 2.000 km und ein Alter von weniger als drei Monaten. Einen Integritätszuschlag wie in Deutschland kennt das schweizerische Recht nicht.
Ein merkantiler Minderwert ist nur bei neueren Fahrzeugen bei einem erheblichen Fahrzeugschaden erstattungsfähig.
4) Gutachterkosten, Nutzungsausfall, Mietwagenkosten, Unkostenpauschale
Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens werden grundsätzlich erstattet, wenn ein Gutachten zur Dokumentation erforderlich war. Dies ist aber anders, wenn die gegnerische Versicherung zuvor Gelegenheit hatte, ihrerseits das Fahrzeug zu besichtigen. Im Zweifelsfall bietet sich eine Verständigung mit der gegnerischen Versicherung an – erst recht, wenn das Kfz erst in Deutschland besichtigt werden kann.
Mietwagenkosten werden nur unter engen Voraussetzungen erstattet – so wenn das Fahrzeug z.B. beruflich benötigt wird oder eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich ist. Es ist der Nachweis erforderlich, dass das beschädigte Kfz auch ansonsten durch den Geschädigten in jedem Fall genutzt worden wäre. Ersparte Eigenaufwendungen werden bei längeren Mietzeiträumen angerechnet.
Ein pauschaler Nutzungsausfall bei privaten Kfz wird nur ausnahmsweise erstattet. Bei gewerblich genutzten Kfz ist dies anders, wenn der Schaden nicht durch Inanspruchnahme eines anderen Kfz kompensiert werden kann.
Hinweis
Bei einem beschädigten Lkw richtet sich die Entschädigung nach einer Tabelle der ASTAG (Nutzfahrzeugverband), die vom Schweizerischen Versicherungsverband grundsätzlich anerkannt wird.
Eine Unkostenpauschale wird nur ausnahmsweise bei großen und aufwendigen Schäden anerkannt und liegt dann bei 50–1000 Franken. I.d.R. müsse diese Kosten jedoch konkret nachgewiesen werden.
5) Schmerzensgeld
Ein Schmerzensgeld wird bei Personenschäden unter dem Aspekt der Gefährdungshaftung geschuldet, sofern eine nicht nur unbedeutende Verletzung vorliegt. Es gelten ähnliche Kriterien wie in Deutschland, jedoch werden im Ergebnis deutlich geringere Beträge zugesprochen – beispielsweise bei schwersten Verletzungen Beträge von 140.000–200.000 Franken. Maßgeblich sind neben der Art, der Schwere und dem Umfang der Verletzung auch die Dauer der Heilbehandlung und der Arbeitsunfähigkeit.
Auch Angehörige von Schwerstverletzten können ein Schmerzensgeld geltend machen. Nahe Angehörige können je nach Nähegrad ein Schmerzensgeld von bis zu 50.000 Franken erhalten.
6) Verdienstausfall
Ein unfallbedingter Verdienstausfall wird ersetzt. Bei dauerhaftem Verdienstausfall ist neben einer Rentenzahlung auch eine Kapitalisierung denkbar. Erfasst werden können auch Ausgleichsansprüche wegen der zu erwartenden Erschwerung des beruflichen Fortkommens. Auch ein Haushaltsführungsschaden ist ersatzfähig.
7) Regress der Sozialversicherer
Die Sozialversicherer können gegenüber der Schädigerseite regressieren und ihnen steht gegen die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Schädigers ein eigener Direktanspruch zu.
8) Verjährung
Verjährung tritt innerhalb von 2 Jahren nach dem Zeitpunkt ein, zu dem der Geschädigte Kenntnis von Schaden und Schädiger hat, spätestens aber 10 Jahre nach dem Unfallereignis. Liegt dem Unfall eine Straftat zugrunde, gilt aber i.d.R. die längere strafrechtliche Verjährungsfrist. Auf die Einrede der Verjährung kann zeitlich begrenzt verzichtet werden. Eine Forderungsanerkennung wirkt verjähru...