Dr. Nicolai Besgen, Thomas Prinz
Rz. 61
Am 28.5.2021 hat der Bundesrat den Regierungsentwurf eines Betriebsrätemodernisierungsgesetzes gebilligt, welches am 17.6.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde und am 18.6.2021 in Kraft getreten ist. Das Gesetz soll den Erfordernissen der fortschreitenden Digitalisierung gerecht werden und die Betriebsratsarbeit dementsprechend anpassen. Relevant für die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates sind insbesondere die Neuregelungen und Änderung der §§ 30, 33 ff BetrVG sowie § 87 Abs. 1 Nr. 14 und § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.
Rz. 62
Zunächst einmal – und für die Mitbestimmungstatbestände selbst von geringerer Relevanz – wurde die ursprünglich auf die Dauer der Corona-Pandemie befristete Möglichkeit, Betriebsratssitzungen virtuell abzuhalten (bislang § 129 BetrVG), – zumindest teilweise – dauerhaft in das BetrVG aufgenommen. Entsprechende Regelungen hierfür sehen die §§ 30 und 33 ff. BetrVG vor. Gleichwohl bleiben die Neuregelungen unter anderem wegen des gesetzlich normierten Präsenzvorrangs hinter der Übergangslösung des § 129 BetrVG etwas zurück. Ergänzend wird klargestellt, dass Betriebsvereinbarungen nunmehr auch mit qualifizierter elektronischer Signatur abgeschlossen werden können.
Rz. 63
Ferner hat der Betriebsrat durch die Neuregelung in § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG ein eigenes Mitbestimmungsrecht bei der "Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird," erhalten. Wie aus dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung hervorgeht, ist aber lediglich beabsichtigt, dass der Betriebsrat hierdurch bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit ein Mitbestimmungsrecht hat. Hingegen verleibt die Entscheidung, ob mobile Arbeit eingeführt wird, beim Arbeitgeber. Schließlich geht aus der Gesetzesbegründung hervor, dass es sich bei § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG um einen Auffangtatbestand handelt. Der Gesetzgeber hat insoweit klargestellt, dass auch schon vor Einführung des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit der mobilen Arbeit bestanden und diese unverändert gelten.
Rz. 64
Daneben wurden Vorschriften zur Mitbestimmung bei der Einführung und Nutzung künstlicher Intelligenz in die Betriebsverfassung implementiert. Künstliche Intelligenz (KI) wird in der Arbeitswelt von Morgen einen immer wichtiger werdenden Rang einnehmen. Viele Bereiche des heutigen Lebens sind schon durch den Einsatz von KI geprägt, teils ohne dass man es bewusst wahrnimmt. In der Arbeitswelt wird sich der Einsatz von KI vor allem im Bereich Gesundheit und Sicherheit, aber auch bei Bewerbungsprozessen zeigen. Denkbare Einsätze von KI sind dabei etwa die Überwachung der Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften oder die Unterstützung bei der Bewerberauswahl durch hierfür angepasste Algorithmen, die beispielsweise offensichtlich ungeeignete oder das Anforderungsprofil nicht erfüllende Bewerber herausfiltern. Auch kommt es heute schon immer häufiger zum Einsatz sogenannter "Chatbots", die ebenfalls anhand von Algorithmen in der Lage sind, für gewisse Kundenanliegen Lösungsvorschlage und Antworten zu finden. Die Kunst wird hier sein, ein funktionierendes und durchdachtes Miteinander von Mensch und Maschine zu erzielen.
Rz. 65
Diese Überlegungen sind in das Betriebsrätemodernisierungsgesetz mit eingeflossen. Als Reaktion hierauf sieht § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG die Sicherstellung der Rechte des Betriebsrats bei der Planung von Arbeitsverfahren und -abläufen vor; demnach soll eine Unterrichtungspflicht dann bestehen, wenn der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Unternehmen vorgesehen ist. Der Betriebsrat soll KI bewerten können und dafür einen Sachverständigen heranziehen können. Ferner soll der Betriebsrat auch bei der Festlegung von Auswahlrichtlinien zur Personalauswahl beteiligt werden, wenn diese Richtlinien ausschließlich oder mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz erstellt werden.