Dr. iur. Christian Saueressig
Rz. 8
Nach § 648 S. 2 BGB hat der Werkunternehmer, dem nach § 648 S. 1 BGB gekündigt wurde, einen Anspruch auf die vertragliche Vergütung. Er muss sich aber auf seinen Anspruch unter anderem das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird ferner vermutet, dass danach dem Unternehmer fünf vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen (§ 648 S. 3 BGB). Diese ersparten Aufwendungen zu errechnen, ist mit Mühen verbunden. Denen kann sich der Unternehmer nach der Rspr. des BGH aber nicht entziehen, nach Aufgabe der früheren Rspr. des BGH auch nicht durch Pauschalvereinbarungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zwar hält der BGH daran fest, dass es Sache des Bestellers ist, darzulegen und zu beweisen, dass höhere Ersparnisse oder mehr anderweitiger Erwerb erzielt wurde als der Unternehmer sich anrechnen lässt.
Aber:
Was er sich in diesem Sinne als Aufwendungen anrechnen lässt, hat der Unternehmer vorzutragen und zu beziffern, denn in der Regel ist nur er dazu in der Lage – es handelt sich um einen Anwendungsfall der sekundären Darlegungslast. Der Unternehmer hat daher zur Darlegung seiner Forderung aus § 648 S. 2 BGB ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb vorzutragen und zu beziffern. Dabei ist auf die Aufwendungen abzustellen, die durch Nichtausführung des konkreten Vertrags entfallen sind. Maßgebend sind die Aufwendungen, die sich nach den Vertragsunterlagen unter Berücksichtigung der Kalkulation ergeben. Dabei sind Einheitspreisverträge nach Positionen des Leistungsverzeichnisses abzurechnen.
Zur Vereinfachung der Abrechnung hat das Forderungssicherungsgesetz eine Vermutung eingeführt, die dem Unternehmer die Rechtsdurchsetzung erleichtern soll. Die Pauschalierung ist auf die Vergütung für die noch nicht erbrachten Leistungen zu beziehen, so dass eine Aufteilung des Vergütungsanspruchs auf erbrachte und nicht erbrachte Leistungen auch weiterhin erforderlich ist.
BGH NJW-RR 2011, 1588:
Zitat
Der Unternehmer kann seinen Anspruch auf Vergütung nach einer freien Kündigung des Werkvertrags nur dann auf die Vermutung in § 648 S. 3 BGB stützen, wenn er den Teil der vereinbarten Vergütung darlegt, der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfällt. Denn dieser Teil und nicht die gesamte vereinbarte Vergütung ist Bemessungsgrundlage für die Pauschale von 5 %.
Die Vermutung kann sowohl vom Unternehmer, der einen höheren Gewinnanteil geltend macht, als auch vom Besteller, der den Gewinnanteil niedriger ansetzt, widerlegt werden. Behauptet der Besteller, der Vergütungsersatzanspruch sei geringer als die vermuteten 5 %, hat er den vollen Beweis für die Höhe der ersparten Aufwendungen zu erbringen. Da der Besteller keinen Einblick in die Betriebsabläufe des Unternehmers hat, trifft den Unternehmer eine sekundäre Darlegungslast, was aber streitig ist. Behauptet der Unternehmer, der Vergütungsersatzanspruch sei höher als 5 %, hat er die Vermutung zu widerlegen, wobei dies ebenfalls streitig ist. Ist der Beweis, dass die Pauschale jedenfalls überschritten ist, vom Unternehmer geführt, bleibt die Beweislast für die einzelnen Abzugsposten wie vor der Neuregelung beim Besteller.
Rz. 9
Diese Rspr. hat der BGH auch auf die ersparten Aufwendungen beim Architektenhonorar ausgedehnt. Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Architektenvertrag enthaltene Regelung, die ersparten Aufwendungen mit 40 % des Honoraranteils für erbrachte Leistungen zu berechnen, ist unwirksam
Nunmehr gilt nach BGH NJW-RR 2004, 445, 446 Folgendes:
Zitat
Verlangt der Architekt nach der vorzeitigen Beendigung des Vertrages Honorar für nicht erbrachte Leistungen, genügt seine Schlussrechnung diesen zur Prüffähigkeit entwickelten Grundsätzen im Regelfall nur, wenn in der Schlussrechnung die Honorarforderungen des Architekten sowohl für die bereits erbrachten als auch für die nicht erbrachten Leistungen prüffähig ausgewiesen sind […]. Der Architekt muss angeben, was er bei den nicht erbrachten Leistungen konkret erspart oder anderweitig erworben hat. Diese Anforderungen an eine prüffähige Rechnung gelten auch in den Fällen, in denen die Parteien in dem vom Architekten verwendeten Einheitsarchitektenvertrag vereinbart haben, dass dem Architekten nach einer freien Kündigung der Anspruch auf das vertragliche Honorar unter Abzug der ersparten Aufwendungen zusteht und dieser Anspruch mit 40 % des Honorars pauschaliert wird, wenn der Bauherr im Einzelfall keinen höheren Anteil an ersparten Aufwendungen nachweist. Diese Klausel ist unwirksam. Der Architekt muss deshalb die Ersparnis und den anderweitigen Erwerb konkret abrechnen. Diese Abrechnung ist Bestandteil der Schlussrechnung […].