Rz. 684
Rz. 685
OLG Schleswig
Wechselt ein Lkw-Fahrer (1) vom linken Fahrstreifen auf den rechten, haftet er zu 50 %, wenn er mit einem auf der rechten Fahrspur fahrenden Motorrad (2) kollidiert. Dies gilt selbst dann, wenn er sich zweimal vor dem Spurwechsel durch Blick in den Außenspiegel davon überzeugt hatte, dass der rechte Fahrstreifen frei ist. Allerdings hatte er den Fahrtrichtungsanzeiger nicht rechtzeitig gesetzt. Den Motorradfahrer (2) trifft jedoch ebenfalls ein Mitverschulden von 50 %. Er hatte sich zunächst auch in der Fahrspur des Lkw (1) befunden. Dabei hatte er bei seinem Spurwechsel nicht beachtet, dass ihn der Fahrer des Lkw (1) beim Vorbeifahren wahrnehmen können muss. Außerdem hatte er die höchstzulässige Geschwindigkeit von 60 km/h um 15 km/h überschritten.
Rz. 686
BGH
Fährt ein Kfz auf der Autobahn mit etwa 145–183 km/h auf der linken Spur und setzt ein auf der rechten Spur fahrendes Kfz in nur kurzem Abstand vom ankomenden Kfz zum Überholen an, bedeutet die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit ein Mitverschulden aus der Betriebsgefahr des Kfz. Als "Idealfahrer" verhält sich nur der, welcher nach § 7 Abs. 2 StVO die Richtgeschwindigkeit einhält. Die Mithaftung entfällt nur dann, wenn er nachweisen kann, dass auch bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit der Unfall nicht vermeidbar gewesen wäre und es auch in diesem Fall zu weitaus schwereren Folgen gekommen wäre.
Rz. 687
OLG Rostock
Kommt es zu einem Auffahrunfall auf ein die Spur wechselndes Kfz, haftet der Auffahrende zu 60 %. Zu dieser Quote kommt es, weil das Ausscheren nicht abrupt, sondern für den nachfahrenden Fahrzeugführer einschätzbar erfolgt war. Dieser war mit 160 km/h unterwegs. Er konnte nicht nachweisen, dsss auch bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit der Unfall nicht vermeidbar gewesen wäre.
Rz. 688
OLG Brandenburg
Überholt ein Lkw einen Pkw und kommt es beim Wiedereinscheren des Lkw vor dem Pkw dadurch zu einem Unfall, dass der Pkw seine Geschwindigkeit während des Überholvorgangs erhöht, haftet der Pkw-Fahrer zu 100 %. Er hat entgegen der Vorschrift des § 5 Abs. 6 S. 1 StVO seine Geschwindigkeit erhöht, während er noch von dem Lkw des Beklagten überholt wurde. Jedenfalls hat er durch seinen Beschleunigungsvorgang zugleich schuldhaft gegen seine Pflichten aus § 1 Abs. 2 StVO verstoßen.
Rz. 689
KG
Ist der Unfallhergang bei einem Fahrstreifenwechsel ungeklärt, haften beide Fahrer zu 50 %. Unter diesen Umständen wird bei der Abwägung der Verschuldensanteile gem. § 17 StVG auf die jeweilige Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge abgestellt.
Rz. 690
OLG Celle
Wechselt ein Fahrer die Fahrspur auf der Autobahn unter Setzung des Fahrtrichtungsanzeigers, aber ohne die Erfüllung seiner Rückschauverpflichtungen, haftet er bei einem Zusammenstoß mit einem überholenden Kfz dennoch zu 100 %. Für den Fahrer dieses Kfz war der Unfall unvermeidbar, nachdem er sich beim Beginn des Ausscherens des die Fahrspur wechselnden Kfz bereits auf der Höhe der B-Säule dieses Kfz befunden hatte.
Rz. 691
OLG Celle
Gerät ein Pkw auf einer Autobahn wegen eines Ausweichmanövers, das ein überraschender Spurwechsel eines anderen Fahrzeugs erforderlich macht, (ohne dass eine Kollision mit diesem nachweisbar ist) ins Schleudern und kollidiert anschließend mit einem dritten Fahrzeug, so stellt sich der Unfall für den Fahrer des schleudernden Pkw nicht ohne weiteres als unabwendbar dar. Unabwendbar ist ein Unfall nur dann, wenn sicher anzunehmen ist, dass er auch einem besonders besonnenen und erfahrenen Fahrzeugführer bei sachgerechter Reaktion unterlaufen wäre. Das Landgericht hat nach der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme nur feststellen können, dass das Fahrzeug des unbekannt gebliebenen Dritten der Ausweichenden auf der von ihr befahrenen ganz linken Fahrspur der Autobahn infolge eines nicht angekündigten Spurwechsels bedrohlich nahe gekommen ist, bevor es wieder nach rechts gefahren ist, nicht aber, dass es bereits zwischen diesen beiden Fahrzeugen zu einer Berührung gekommen ist.
Rz. 692
OLG Düsseldorf
Eine Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um 70 km/h führt auch dann zu einer Mithaftung des auf der linken Fahrspur Fahrenden, wenn der Ausscherende unzulässigerweise die Spur gewechselt hatte. Die Haftung des Auffahrenden aus der Betriebsgefahr seines Kfz beträgt 30 %. Die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um knapp 60 % ist als betriebserhöhend mit zu berücksichtigen. Andere Verkehrsteilnehmer stellen sich auf diese Fahrweise nicht ein und unterschätzen die Geschwindigkeit bei ihren Entscheidungen.
Rz. 693
OLG Hamm
Schert ein Kfz-Führer während des Überholvorganges eines anderen Kfz von dem rechten auf den linken Fahrstreifen der Autobahn aus, ohne den rückwärtigen Verkehr zu beachten und ohne den Fahrtrichtungsanzeiger zu setzen, haftet der ausscherende Fahrzeugführer zu 100 %. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Überholende die Richtgeschwindigkeit überschritten hatte. Er war mit 150 km/h u...