Rz. 988

 

Rz. 989

OLG Köln[927]

Pkw (2) durchfährt eine Ortschaft mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Dort steht das Verkehrszeichen 136 (Kinder). Er kollidiert mit einem in Sichtweite die Fahrbahn überquerenden acht Jahre alten Kind (1). Dem acht Jahre alten Kind wird sein grob fahrlässiges Verhalten mit 15 % angerechnet. Ein Verkehrsteilnehmer muss sich bei dem Gefahrzeichen Nr. 136 (Kinder) auf die angekündigte Gefahr einrichten und anhaltebereit fahren. Ob der Verkehrsteilnehmer auch die Geschwindigkeit des Fahrzeugs reduzieren muss, richtet sich nach den örtlichen Verhältnissen (vgl. auch Rdn 987).

 

Rz. 990

BGH[928]

Das Gefahrenzeichen 136 zu § 40 StVO (Kinder) weist den Kraftfahrer grundsätzlich ohne zeitliche Einschränkungen darauf hin, dass er mit dem plötzlichen Betreten der Fahrbahn durch Kinder rechnen muss und deshalb seine Fahrweise durch Bremsbereitschaft und Reduzierung der Geschwindigkeit darauf einzurichten hat. Das Gefahrenzeichen ist deshalb auch um 20.15 Uhr zu beachten.

 

Rz. 991

BGH[929]

Ein Kraftfahrer ist verpflichtet, ein fünfjähriges Kind, das sich zunächst in Begleitung seiner Mutter auf dem Bürgersteig aufhält, sich dann aber von ihr entfernt und sich auf die Fahrbahn zu bewegt, während des Herankommens und Passierens im Auge zu behalten.

 

Rz. 992

OLG Schleswig[930]

Auch bei einer durch ein Wohngebiet führenden Straße, in der eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h vorgesehen ist, kommt eine Verschuldenshaftung des Kfz-Fahrers (2), dem seitwärts ein Kind (1) in das Fahrzeug läuft, nur dann in Betracht, wenn bewiesen wird, dass er bei Annäherung an die Unfallstelle die Anwesenheit von Kindern hätte wahrnehmen können. Der Senat hat durchgreifende Zweifel an der Wahrnehmbarkeit des Kindes für den Kfz-Fahrer, weil die zeitlichen und räumlichen Voraussetzungen für die Annahme einer kürzeren Laufstrecke des Kindes auf dem Gehweg und sein Überqueren der Fahrbahn zwischen dem im Unfallbereich geparkten Pkw hindurch nicht vorliegen und somit davon auszugehen ist, dass eine Einschränkung bzw. seitliche Verlagerung der Sichtmöglichkeiten des Autofahrers gegeben war.

 

Hinweis

Der BGH hat die Revision der Fahrerin durch Beschl. v. 30.3.1999 (Az. VI ZR 258/98) nicht angenommen; vgl. auch vorangegangener Hinweis (siehe Rdn 987).

 

Rz. 993

OLG Hamburg[931]

Sofern ein schulpflichtiges Kind die Straße verkehrswidrig überquert, muss der Fahrzeugführer (2) damit rechnen, dass das begleitende andere Kind (1) diesem Verhalten nachfolgen und somit einem sog. unkontrollierten Nachlaufsog unterliegen wird. Zum Schutz des nachfolgenden Kindes muss der Fahrer in einem solchen Fall sein Fahrverhalten i.S.v. § 3 Abs. 2a StVO dieser Situation anpassen und durch Verlangsamung der Geschwindigkeit sowie durch Betätigen der Lichthupe bzw. Hupe auf die Gefahr angemessen reagieren.

 

Hinweis

Der BGH hat die Revision der Beklagten durch Beschl. v. 10.10.1989 (Az. VI ZR 41/88) abgelehnt (vgl. BGH v. 28.5.1985 – VI ZR 258/83, NJW 1986, 183).

 

Rz. 994

OLG Oldenburg[932]

Halten sich am rechten Fahrbahnrand zwei Kinder auf, so muss ein Kraftfahrer (2), wenn eines der Kinder vor ihm die Straße überquert, mit der Möglichkeit rechnen, dass das zweite Kind (1) dem ersten hinterherlaufen werde, ohne auf den Verkehr zu achten. Das gilt vor allem dann, wenn sich auf der linken Straßenseite ebenfalls Kinder befinden.

 

Hinweis

Der BGH hat die Revision der Beklagten durch Beschl. v. 21.12.1993 (Az. VI ZR 36/93) nicht angenommen.

 

Rz. 995

KG[933]

Der Straßenbahnführer (2) hat die Straßenverkehrsordnung zu beachten, wenn zwar ein besonderer Gleiskörper vorhanden ist, aber die Gleisübergänge nicht durch Andreaskreuze gekennzeichnet sind. Er haftet im Falle ihm nachgewiesenen Verschuldens für gegenwärtige und künftige immaterielle Schäden, §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB, § 256 ZPO bei einem Unfall mit einem Kind, das ohne auf die Straßenbahn zu achten, über die Gleise geht. § 18 Abs. 1 S. 1 StVG findet keine Anwendung. Bei einem Verschulden des Straßenbahnführers haftet das Betriebsunternehmen für gegenwärtige und künftige immaterielle Schäden gem. §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB, § 256 ZPO. Die Haftung aus § 1 HaftPflG betrifft nur materielle Schadensersatzansprüche. Das Straßenbahnbetriebsunternehmen genügt nicht dem Entlastungsbeweis gem. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB, weil es an verdeckten Kontrollfahrten vor dem Unfallereignis fehlt. Werden einem Kind durch einen von ihm zu ¼ mitverschuldeten Unfall schwerste Verletzungen zugefügt, ist Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR und einer Rente von 60.000 EUR angemessen. Vgl. auch Rdn 987.

 

Rz. 996

OLG Hamm[934]

§ 20 Abs. 1a StVO setzt zwar voraus, dass der Schulbus hält. Aber auch nach dem Wiederanfahren gelten weiterhin hohe Sorgfaltsanforderungen gem. § 1 Abs. 2 StVO. Begegnet außerorts einem Kraftfahrer (2) ein wieder anfahrender Schulbus, muss er damit rechnen, dass hinter ihm Kinder zum Überqueren der Fahrbahn ansetzen, und seine Geschwindigkeit herabsetzen. Wer mit 75 km/h fährt, aber mit 50 km/h den ...

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