Rz. 456

 

Rz. 457

OLG Hamburg[432]

Das Einfahren von einem Beschleunigungsstreifen auf die Autobahn hat in der Reihenfolge zu erfolgen, wie die Fahrzeuge auf dem Beschleunigungsstreifen aufgereiht sind. Wird diese Reihenfolge nicht beachtet, haftet der Fahrer (2), der "vorzeitig" in die Autobahn einfährt, für den Schaden, der dadurch entsteht, dass das vorausfahrende Fahrzeug (1) zur selben Zeit einbiegen will, zu 100 %.

 

Rz. 458

BGH[433]

Das Befahren der linken Fahrbahn durch den am fließenden Verkehr teilnehmenden Fahrzeugführer beseitigt nicht die Verpflichtung des aus einem Grundstück auf die Straße Einfahrenden, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu belassen und diesen nicht zu behindern. Das Vorrecht geht nicht deshalb verloren, weil der Fahrzeugführer auf der Vorfahrtsstraße über der Fahrbahnmitte fuhr. § 10 S. 1 StVO legt dem aus einem Grundstück in die Straße einfahrenden Fahrzeugführer gesteigerte Pflichten auf. Die Verletzung des Vorfahrtsrechts durch den in die Straße Einfahrenden indiziert sein Verschulden.

 

Rz. 459

KG[434]

Fährt ein Kfz so auf die Autobahn auf, dass ein sich auf der Fahrspur befindlicher Lkw stark abbremsen muss und hierauf ein nachfolgender Lkw auffährt, ist diese Kollision dem auf die Autobahn auffahrenden Fahrzeugführer zuzurechnen. Hatte allerdings der auffahrende Lkw nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand, kann das im Rahmen der Wertung doppelt so schwer zählen wie das verbotswidrige Auffahren auf die Autobahn.

 

Rz. 460

KG[435]

Wenn ein Pkw so auf die Autobahn auffährt, dass ein Lkw, der bereits auf der Autobahn fährt, zum starken Abbremsen genötigt wird, und kollidiert deswegen ein nachfolgender Lkw mit dem abbremsenden Lkw, ist diese Kollision dem auf die Autobahn auffahrenden Pkw zuzurechnen. Hat der auffahrende Lkw den gebotenen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, haftet dessen Fahrer zu ⅔.

 

Rz. 461

KG[436]

Fährt ein Fahrzeugführer so auf die Autobahn ein, dass er einen dort fahrenden Lkw zum starken Abbremsen nötigt, haftet der Autofahrer zu 100 %, wenn ein anderer Lkw auf den bremsenden auffährt. Hat der auffahrende Lkw-Fahrer allerdings den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, zählt dieser Verstoß doppelt so hoch wie das Einfahren in die Autobahn.

 

Rz. 462

KG[437]

Kommt es in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Anfahren vom Fahrbahnrand zu einer Kollision mit einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs, das nach rechts den Fahrstreifen wechselt, ohne den Anfahrenden rechtzeitig erkennen zu können, haftet der Anfahrende zu 100 %. Der Schutzzweck des § 7 Abs. 5 StVO dient nicht dem ruhenden Verkehr oder vom Fahrbahnrand anfahrender Verkehrsteilnehmer. Der unmittelbare räumliche Zusammenhang ist jedenfalls bei einem Zusammenstoß nach etwa 10 bis 12 m vom Ort des Anfahrens gewahrt. Der Einfahrvorgang endet jedenfalls erst, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat, wofür jede Einflussnahme des Anfahrens auf das weitere Verkehrsgeschehen auszuschließen ist. Wer vom Fahrbahnrand anfährt, hat sich nach § 10 StVO so zu verhalten, dass eine Gefährdung des fließenden Verkehrs ausgeschlossen ist.

 

Rz. 463

KG[438]

Ein in eine Autobahn einfahrender Verkehrsteilnehmer hat dem Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn Vorfahrt zu gewähren (§ 18 Abs. 3 StVO). Er muss dazu den Verkehr auf der Autobahn beobachten und den Beschleunigungsstreifen so ausnutzen, dass ihm ein entsprechender Kontrollblick möglich ist. Kommt es in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Vorfahrtsverletzung zu einem Unfall, spricht der Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Vorfahrtverletzung. Der in die Autobahn Einfahrende haftet regelmäßig zu 100 %.

 

Rz. 464

KG[439]

Der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden versagt schon bei regelmäßigem Verkehrsfluss dann, wenn der Vorausfahrende erst einige Augenblicke vor dem Auffahrunfall vom rechten Fahrbahnrand angefahren und sogleich über den mittleren Fahrstreifen hinaus in den linken, vom Auffahrenden befahrenen Fahrstreifen gewechselt ist. Kommt es nämlich in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Anfahren vom Fahrbahnrand/Fahrstreifenwechsel zu einer Kollision zwischen dem Anfahrenden und dem nachfolgenden Verkehr, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine schuldhafte Unfallverursachung durch den Anfahrenden/Fahrstreifenwechsler.

 

Rz. 465

OLG Naumburg[440]

Der Verkehrsteilnehmer, der über den Beschleunigungsstreifen auf die Autobahn auffährt, muss die größtmögliche Sorgfalt walten lassen und darf nur dann auffahren, wenn er dadurch den durchgehenden Verkehr nicht behindert. Gemäß § 18 Abs. 3 StVO hat der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn Vorfahrt vor Verkehrsteilnehmern, die an Anschlussstellen einfahren. Der einfahrende Verkehr ist wartepflichtig und darf nur so einfahren, dass er den durchgehenden Verkehr nicht gefährdet oder wesentlich behindert. Auf die Beachtung des Vorrechtes darf der bevorrechtigte Verkehrsteilnehmer vertrauen. Die Beschleunigungsstreifen dienen dabei, so...

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