Verfahrensgang

AG Köln (Urteil vom 02.03.2005; Aktenzeichen 265 C 328/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 2.3.2005 verkündete Urteil des AG Köln (265 C 328/04) wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 31.10.2002 auf der BAB 3 in L. im Bereich der Auffahrt L.-N. in Fahrtrichtung Frankfurt. Der Kläger befuhr mit seinem Pkw die Beschleunigungsspur der Autobahnauffahrt. Als er versuchte, sich bei zähfließendem Verkehr auf der rechten Fahrbahn vor dem vom Beklagten zu 1) gefahrenen Lkw einzuordnen, kam es zum Zusammenstoß beider Fahrzeuge. Dabei wurde der Pkw des Klägers an der linken hinteren Seite beschädigt.

Der Kläger begehrt - nachdem der Sachschaden durch seine Vollkaskoversicherung ausgeglichen wurde - von dem Beklagten zu 1) als Fahrer des unfallbeteiligten Lkw, der Beklagten zu 2) dessen Halterin und der Beklagten zu 3) als für die Abwicklung von Unfällen unter Beteiligung eines im Ausland zugelassenen Kfz zuständigen Stelle den Ersatz eines Restschadens nach näherer Maßgabe der Berechnung in der Klageschrift. Er hat behauptet, der Beklagte zu 1) habe seinen Lkw beschleunigt, obwohl er gesehen habe oder habe sehen müssen, dass er, der Kläger, in die Lücke zwischen ihm und dem auf der durchgehenden Fahrbahn vorausfahrenden Lkw habe einfahren wollen. Daher sei, so die Auffassung des Klägers, der Beklagte zu 1) für den Unfall allein verantwortlich.

Das AG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger den gegen ihn als Wartpflichtigen sprechenden Anscheinsbeweis nicht entkräftet habe. Auf das Reißverschlussverfahren könne er sich nicht berufen; vielmehr habe er den Zusammenstoß durch das Einfahren in eine zu enge Lücke allein verursacht.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er macht geltend, dass das AG die Reichweite der Reißverschlussregel des § 7 Abs. 4 StVO verkannt habe, die auch beim Einfädeln von der Beschleunigungsspur auf die rechte Fahrbahn der Autobahn gelte und nach der der Beklagte verpflichtet gewesen sei, ihm das Auffahren auf die durchgehende Fahrbahn zu ermöglichen. Zudem habe das AG nicht entscheiden dürfen, ohne den von ihm benannten Zeugen zu vernehmen. Dieser könne bekunden, dass der Beklagte zu 1) ihn gesehen, sein Fahrzeug aber dennoch beschleunigt habe, um ihn am Einfädeln zu hindern. Das begründe die alleinige Verantwortlichkeit des Beklagten zu 1) und damit die Haftung der Beklagten.

Der Kläger beantragt demgemäß, die Beklagten in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung als Gesamtschuldner zur Zahlung von 1.687 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 11.3.2004 zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angegriffene Entscheidung. Der Unfall sei nicht auf das Verhalten des Beklagten zu 1), sondern auf eine Vorfahrtsverletzung des Klägers zurückzuführen, für die ein nicht widerlegter Anscheinsbeweis spreche.

Der Senat hat über den Hergang des Unfalls durch die Anhörung des Klägers und die Vernehmung des Zeugen T Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12.9.2005 verwiesen.

II. Die zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das AG hat die auf Ersatz des verbleibenden Schadens gerichtete Klage mit Recht abgewiesen.

Der Kläger beruft sich zu Unrecht darauf, dass der Beklagte zu 1) nach dem Reißverschlussverfahren verpflichtet gewesen sei, ihn von der Beschleunigungsspur auf die rechte Fahrbahn der Autobahn einfädeln zu lassen. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger sich unmittelbar vor dem Zusammenstoß bereits am Ende des Beschleunigungsstreifens befand oder erst in deren Mitte, wie die von ihm selbst gefertigte Skizze nahelegt, die das AG seiner Entscheidung mit zugrunde gelegt hat. Auch im ersten Fall kann er sich auf ein Vorfahrtsrecht nämlich nicht berufen.

Das sog. Reißverschlussverfahren ist in § 7 Abs. 4 StVO geregelt. Es schreibt vor, dass bei einer Fahrbahn mit mehreren Fahrstreifen, von denen einer endet oder aus sonstigen Gründen nicht durchgehend befahren werden kann, den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen ist, dass sich diese unmittelbar vor dem Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können. Es gilt zwingend, sobald der Abstand der auf mehreren Fahrstreifen ankommenden Fahrzeuge kein Einordnen mit ausreichendem Abstand mehr zulässt (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 7 StVO Rz. 20). Aber auch beim Reißverschlussverfahren gilt der Vorrang desjenigen, der den weiterführenden Fahrstreifen benutzt (KG VRS 1968, 339). Er darf aber nicht erzwungen...

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