Rz. 2201
Rz. 2202
LG Saarbrücken
(1) erleidet beim Überfahren eines lose sitzenden Kanaldeckels einen Schaden. Die verkehrssicherungspflichtige Gemeinde (2) haftet zu 100 %. Sie hatte die Haltbarkeit der Auflage und den festen Sitz des Kanaldeckels nicht regelmäßig überprüft. Kanaldeckel sind gegen selbstständiges Herausspringen und Herausheben zu sichern und regelmäßig zu überprüfen.
Rz. 2203
BGH
Die gemeindliche Verpflichtung zur Schaffung eines verkehrssicheren Straßenzustands bedeutet nicht, dass die Straße vollkommen gefahrlos sein muss. Es ist zu weitgehend, von der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt abzuleiten, dass selbst der Bürgersteig einer verkehrsreichen Straße völlig mangelfrei und ohne Unebenheiten sein muss. Dies ist dem Verkehrspflichtigen nicht zumutbar. Ein Kanaldeckel, der nur wenig herausragt – hier 12 mm – ist genauso vom Fußgänger hinzunehmen wie andere kleinere Mängel im Pflaster. Diese Gefahr ist durch entsprechende Gehweise auszugleichen. Zwar kann ein senkrecht und scharfkantig herausragender Kanaldeckel einen Fußgänger in Sturzgefahr bringen. Diese Gefahr hat der Fußgänger aber wie andere kleinere Mängel im Pflaster hinzunehmen, da sie geringfügig ist, wenn wie hier das Herausragen nicht mehr als 12 mm ausmacht.
Rz. 2204
OLG Schleswig
Eine Kommune trifft eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht, wenn in einer Fußgängerzone Straßenplatten verbaut sind, die bei Nässe zu einer erheblichen Glättebildung führen. Sie haftet für einen Verstoß gegen ihre Sicherungspflicht. Nur in Ausnahmefällen, in denen der Geschädigte auffällig sorglos handelt, kann eine hohe Mit- oder Alleinhaftung angenommen werden.
Rz. 2205
OLG Celle
Das gemeindliche Kanalisationsnetz gehört zu den unter § 2 Abs. 1 HaftPflG fallenden Rohrleitungen. Dazu zählt als Bestandteil einer solchen Anlage auch der einen Kanalisationsschacht abschließende Kanaldeckel. Für den durch einen schadhaften Kanaldeckel entstandenen Schaden an einem diese Einrichtung überfahrenden Kraftfahrzeug haftet daher die Gemeinde (2) auch ohne schuldhafte Verletzung einer etwaigen Verkehrssicherungspflicht. Die Anlagen befinden sich größtenteils auf öffentlichen Flächen oder fremden Grundstücken und gefährden schon dadurch einen weiten Kreis von Personen. Der hier an dem Fahrzeug (1) verursachte Schaden beruht auf eben diesen mechanischen Wirkungen der Kanalisationsanlage. Er ist nämlich entstanden, als der Gullydeckel beim Überfahren zerbrach. Dabei ist ohne Belang, ob der Gullydeckel etwa durch eine nicht ordnungsgemäße Einbettung oder auch durch schwere Fahrzeuge bereits zuvor beschädigt worden war.
Rz. 2206
OLG Hamm
Ein gegenüber einem asphaltierten Wirtschaftsweg mit 10–15 cm tiefer liegender, unbefestigter Seitenstreifen ist eine für einen Radfahrer beherrschbare Gefahrenstelle, wenn ein durchschnittlich aufmerksamer und vorsichtiger Radfahrer den unbefestigten Seitenstreifen und die mit einem Verlassen der asphaltierten Wegoberfläche verbundenen Gefahren unschwer erkennen und vermeiden kann. Es ist dann ausreichend, wenn der Weg so gestaltet ist, dass es z.B. einem unsicheren Radfahrer möglich ist, bei nahendem Begegnungsverkehr rechtzeitig vom Rad zu steigen und das Fahrrad auf den Seitenstreifen zu schieben (amtl. LS.). Für einen Wirtschaftsweg besteht keine Verpflichtung, eine absolute Gefahrlosigkeit herzustellen. Denn dies ist mit zumutbaren Mitteln nicht zu erreichen. Vielmehr muss sich der Straßenbenutzer grundsätzlich den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Für die Fahrradfahrerin war ohne weiteres erkennbar, dass der Wirtschaftsweg im gesamten Bereich der Unfallstelle mit einem nicht befestigten Seitenstreifen versehen war. Sie hätte sich darauf einstellen müssen. Aus diesem Grund haftet sie für den entstandenen Schaden alleine.
Rz. 2207
OLG Hamm
Ein in einem Wohngebiet 2,2 cm herausragender Kanaldeckel muss in einem Bereich, der von Fußgängern und Fahrzeugen gleichermaßen benutzt wird, keine abhilfebedürftige Gefahrenstelle sein. In einer verkehrsberuhigten Straße ohne Gehweg muss von einem Verkehrssicherungspflichtigen berücksichtigt werden, dass die Straße nicht nur von Fahrzeugen, sondern auch von Fußgängern benutzt wird, weshalb zugunsten der gestürzten Fußgängerin davon ausgegangen werden kann, dass die Straße in ihrer gesamten Breite den Anforderungen, die an einen Gehweg zu stellen sind, genügen muss. Ein Fußgänger muss in einem solchen Bereich allerdings damit rechnen, dass es durch die mechanischen Belastungen des Fahrzeugverkehrs zu Unebenheiten und einer Kantenbildung am Kanaldeckel kommen kann. Hebt sich der Kanaldeckel deutlich von der Pflasterung ab und kann er trotz der vorhandenen Kante mühelos be- oder umgangen werden, kann der Verkehrssicherungspflichtige davon ausgehen, dass ein hinreichend aufmerksamer Fußgänger derartige Unebenheiten rechtzeitig erkennt und sich darauf einstellt. Kommt der Fußgänger zu Fall, haftet ...