Rz. 2667
Rz. 2668
KG
Die Haftung des Bevorrechtigten (2) kann bei einem Unfall auf einem Parkplatz gegenüber dem Wartepflichtigen (1) zu einer Quote von ⅔ gerechtfertigt sein, wenn dem Wartepflichtigen allenfalls ein leichter Sorgfaltsverstoß (Hineintasten zur Sicht um 85 cm) und dem Vorfahrtberechtigten ein grober Sorgfaltsverstoß (links fahren mit unangemessen hoher Geschwindigkeit) zur Last zu legen ist.
Rz. 2669
KG
Wird ein Parkplatz mit Zustimmung oder Duldung des Verfügungsberechtigten tatsächlich allgemein genutzt, findet die Straßenverkehrsordnung Anwendung, ohne dass es darauf ankommt, ob die Verkehrsfläche ausdrücklich dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Räumt ein Kraftfahrer (1) dem von rechts kommenden Bevorrechtigten (2) auf einem solchen Parkplatz nicht die Vorfahrt ein, so spricht bei einer Kollision der Beweis des ersten Anscheins für eine schuldhafte Schadensverursachung des Wartepflichtigen. Das Befahren eines Privatgeländes mit einer Vielzahl von Parkplätzen erfordert besondere Vorsicht sowie langsam fahren mit ständiger Bremsbereitschaft, da stets mit in Parkhäfen ein- und ausfahrenden Fahrzeugen zu rechnen ist. Der Bevorrechtigte, der statt mit der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h auf einem großen Parkplatz mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von 37 km/h mit einem Wartepflichtigen kollidiert ist, haftet zu ⅓.
Rz. 2670
OLG Hamm
Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar. Einen Vertrauensgrundsatz zugunsten des "fließenden Verkehrs" gegenüber dem wartepflichtigen Ein- oder Ausfahrenden gibt es grundsätzlich nicht. Etwas anderes kann gelten, wenn die angelegten Fahrspuren zwischen den Parkplätzen eindeutig Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht dem Suchen von Parkplätzen dienen, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge. Hiervon ist bei einer Durchfahrtsstraße im Bereich der Lkw-Stellplätze auf einem Rastplatz an einer Bundesautobahn auszugehen.
Rz. 2671
OLG Hamm
Es besteht auf einem Parkplatz kein Vertrauensgrundsatz zugunsten des "fließenden Verkehrs" gegenüber dem aus einer Parkbox wartepflichtig Ausfahrenden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das in der Parkgasse befindliche Fahrzeug rückwärts gefahren wird. Kommt es zur Kollision, spricht der Anschein für ein Verschulden des Zurücksetzenden auch dann, wenn der Zurücksetzende zum Kollisionszeitpunkt bereits zum Stehen gekommen ist, gleichwohl aber ein enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang mit dem Zurücksetzen gegeben ist.
Rz. 2672
OLG Düsseldorf
Die Vorfahrtsregel "rechts vor links" des § 8 Abs. 1 S. 1 StVO gilt auf öffentlichen Parkplätzen nur, wenn die Fahrbahnen auf dem Parkplatz den Charakter von Straßen haben und außerdem nur für den darauf "fließenden Verkehr". Die Vorfahrtsregel gilt jedoch nicht zwischen dem "fließendem Verkehr" auf den Fahrbahnen und lediglich ein- oder ausparkenden Fahrzeugführern. Hier finden die Regeln des § 1 Abs. 2 StVO bzw. des § 9 Abs. 5 StVO und des § 10 StVO entsprechend Anwendung. Für die Teilnehmer des Parkplatzverkehrs besteht Verständigungspflicht.
Rz. 2673
OLG Frankfurt a.M.
Auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums ist eine Geschwindigkeit des Vorfahrtberechtigten von 27 km/h unangemessen hoch. Nach § 3 Abs. 1 S. 2 StVO hat der Fahrer seine Geschwindigkeit insbesondere den Straßenverkehrs- und Sichtverhältnissen anzupassen. Die vorliegende Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Fahrstraße zu einem Parkplatzgelände gehört und zu beiden Seiten weitere Fahrwege zu unmittelbar angrenzenden Parkboxen führen. Bereits diese Situation erfordert eine vorsichtige Fahrweise, da mit rangierenden Fahrzeugen und Fahrzeugen auf Parkplatzsuche zu rechnen ist. Zusätzlich ist eine Vielzahl von Fußgängern zu berücksichtigen. Die vorhandene Unübersichtlichkeit ist für einen Fahrer auf den ersten Blick zu erkennen und erfordert eine besonnene Fahrweise, die nur bei Einhaltung von Schrittgeschwindigkeit bei steter Bremsbereitschaft beachtet ist. Kommt es zu einer Kollision mit einem Wartepflichtigen (1), haftet Fahrer (2) zumindest aus der Betriebsgefahr seines Kfz mit.
Rz. 2674
OLG Frankfurt a.M.
Die Vorfahrtsgrundsätze der StVO gelten auf Parkplätzen mit klar erkennbarem und von den Abstellplätzen deutlich unterschiedenem Fahrbahnnetz. Im vorliegenden Fall war kein klar erkennbares und von den Abstellflächen unterschiedenes "Fahrbahnnetz" vorhanden, das die Anwendung der Grundregel "rechts vor links" rechtfertigen würde. Es kommt zwar für die Abgrenzung insoweit nicht darauf an, ob die Kennzeichnung der Fahrspuren durch bauliche Maßnahmen (z.B. Pflasterstreifen, unterschiedliche Oberflächengestaltung) oder in anderer Weise (z.B. durch Farblinien, Ketten o.Ä.) erfolgt. Die "Parkplatz"-Straßen müssen als solche aber deutlich erkennbar sein.
Rz. 2675
OLG Nürnberg
Allein die ausgedehnte Überdachung eines Großparkplatzes reicht für ein...