Rz. 1607
Rz. 1608
OLG Frankfurt a.M.
Fährt ein Kraftfahrer (2) rückwärts aus einer Parklücke auf die Fahrbahn, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für sein Alleinverschulden, wenn er mit einem im fließenden Verkehr befindlichen Fahrzeug (1) zusammenstößt. Er hat regelmäßig den dabei entstandenen Schaden zu tragen.
Rz. 1609
BGH
"Anderer Verkehrsteilnehmer" i.S.v. § 9 Abs. 5, 10 Abs. 1 StVO ist jede Person, die sich selbst verkehrserheblich verhält, die also körperlich und unmittelbar auf den Ablauf eines Verkehrsvorgangs einwirkt. Hierzu zählt auch ein Kfz-Führer, der auf der anderen Fahrbahnseite vom Straßenrand anfährt. Ein Fahrzeugführer muss deshalb auch mit einem atypischen groben Verkehrsverstoß eines von der anderen Straßenseite gegen die Fahrtrichtung 10 Meter rückwärts fahrenden Kfz-Führers rechnen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der in Fahrtrichtung fahrende Fahrzeugführer beim Einsteigen in sein Fahrzeug wahrgenommen hatte, dass der Fahrzeugführer des Kfz auf der anderen Straßenseite ebenfalls ausparken wollte und hierzu vor einer Weiterfahrt zunächst rückwärts fahren müsste. Nach § 9 StVO hat sich der Führer eines Fahrzeugs beim Rückwärtsfahren, nach § 10 S. 1 StVO derjenige, der von einem Straßenteil – hier einem Parkplatz – auf die Fahrbahn einfährt, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die Haftungsverteilung des Berufungsgerichts mit 50/50 ist deshalb richtig.
Rz. 1610
OLG Saarbrücken
Will der rückwärts in die Fahrbahn einfahrende Ausparker der Alleinhaftung wenigstens teilweise entgehen, muss er den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis erschüttern, indem er darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass er entweder bereits solange auf der Fahrbahn stand, dass sich der fließende Verkehr rechtzeitig auf ihn einstellen konnte, oder dass er sich so weit von der Stelle des Einfahrens entfernt und sich so dem Verkehrsfluss angepasst hatte, dass das Einfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr für den weiteren Geschehensablauf ursächlich sein kann. Gelingen diese Nachweise nicht, haftet der Ausparkende zu 100 %.
Rz. 1611
LG Hamburg
Kommt es beim Verlassen eines Parkplatzes über einen abgesenkten Bordstein unmittelbar danach zu einem Zusammenstoß mit einem Lkw, der rückwärts in einen Wendehammer fährt, verstößt der Einfahrende gegen § 10 S. 1 StVO. Der rückwärts fahrende LKW-Fahrer verstößt nicht gegen § 9 Abs. 5 StVO. Diese Bestimmung schützt primär den fließenden Verkehr. Der aus dem Parkplatz Ausfahrende hat deshalb nur einen Anspruch auf Ersatz von 50 % seines Schadens.
Rz. 1612
LG Nürnberg-Fürth
Fährt ein Fahrer (1) rückwärts bei Dunkelheit aus einer Parkbox aus und kommt es zu einem Unfall mit einem auf der Vorfahrtsstraße befindlichen Kfz (2), so haftet der Fahrer (1) zu 60 % für den entstehenden Schaden.
Rz. 1613
AG Düsseldorf
Kommt es auf einem Parkgelände zu einer Kollision zwischen einem ausparkenden (1) und einem zu schnellen und unaufmerksam fahrenden Fahrzeug (2), beträgt die Verschuldensquote ⅓ zu ⅔ zugunsten des ausparkenden Fahrers. Auf Seiten der zu schnell fahrenden Fahrerin (2) liegt ein Verstoß gegen die §§ 1 und 3 StVO vor, denn sie ist mit unangepasster Geschwindigkeit und unaufmerksam gefahren. Auch der Ausparkende (1) muss sich einen Verschuldensanteil mitzurechnen lassen. Gem. § 9 Abs. 5 StVO muss sich der rückwärts fahrende Fahrzeugführer so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzungen hat er nicht beachtet.
Rz. 1614
AG Iserlohn
Wollen die Fahrer zweier Kfz, die nebeneinander in Parkplätzen stehen, zur gleichen Zeit rückwärts aus ihren Parklücken herausfahren, haben sie sich gegenseitig darüber zu verständigen, wer als erstes fahren soll. Es ist anerkannt, dass jedem Kraftfahrer auf Parkplätzen wegen der ständig zu erwartenden Ein- und Ausparkvorgänge besonders hohe Sorgfaltspflichten obliegen, insbesondere dann, wenn die Kraftfahrzeugführer beabsichtigen, rückwärts aus einer Parklücke heraus in den Bereich der Zu- bzw. Abfahrt vom Parkplatz einzubiegen. Insoweit wirken sich zum Nachteil beider Unfallbeteiligten die gesteigerten Sorgfaltsanforderungen aus § 9 Abs. 5 StVO aus, wonach sich jeder Kraftfahrzeugführer beim Rückwärtssetzen so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, erforderlichenfalls hat er sich einweisen zu lassen. Insbesondere wäre in der konkreten Situation zu erwarten gewesen, dass sich die Beiden verständigten. Unter diesen Umständen haften beide Fahrer zu 50 %.
Rz. 1615
AG Halle-Saalkreis
Ein aus einem Parkplatz rückwärts ausparkender Kfz-Führer (1) trägt die Hauptverantwortung an einem Verkehrsunfall, der dadurch entsteht, dass auf diesen ein anderes Fahrzeug (2) auffährt. Dies gilt auch dann, wenn der auffahrende Unfallbeteiligte mit überhöhter Geschwindigkeit in den Parkplatz einfährt. Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Ausparkende (1) in ...