Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen – nur in den seltensten Fällen erlaubt
Ein Autofahrer hatte sein Fahrzeug vorwärts in eine Grundstückseinfahrt geparkt, die sich an einer Einbahnstraße in Fahrtrichtung rechts befand. Beim Rückwärtsausparken kollidierte er mit einem Fahrzeug. Der Fahrer war auf der Suche nach einem Parkplatz und fuhr einige Meter rückwärts, um einem ausparkenden Fahrzeug Platz zu machen.
Das Berufungsgericht billigte Parkplatzsuchendem das Rückwärtsfahren noch zu
Das Berufungsgericht hatte dem aus der Einfahrt ausfahrenden Kläger eine Mithaftung von 60 Prozent auferlegt. Er sei rückwärts aus der Einfahrt in die vorfahrtsberechtigte Einbahnstraße eingefahren und habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht am fließenden Verkehr teilgenommen.
Dagegen habe der beklagte Parkplatzsuchende mit seinem Rückwärtsfahren nicht gegen das Gebot verstoßen, die Einbahnstraße nur in der vorgeschriebenen Fahrtrichtung zu befahren (Anlage 2 Zeichen 220, § 41 Abs. 1 StVO). Das Rückwärtsfahren sei eine Hilfsmaßnahme gewesen, um Platz für das ausparkende Fahrzeug zu schaffen und daher zulässig.
BGH: Platz machen für Ausparkenden rechtfertigt kein Rückwärtsfahren in Einbahnstraße
Der BGH kam zu einer anderen Beurteilung. Die Beklagte habe gegen das Gebot des Vorschriftzeichens 220 in Verbindung mit § 41 StVO verstoßen. Das Vorschriftzeichen 220 gebietet, dass eine Einbahnstraße nur in der vorgeschriebenen Fahrtrichtung befahren werden darf. In der Gegenrichtung stehe sie dem Fahrzeugverkehr auf der Fahrbahn grundsätzlich nicht zur Verfügung.
Zu welchem Zweck Rückwärtsfahren in der Einbahnstraße erlaubt ist
Erlaubt ist in Einbahnstraßen Rückwärtsfahren nur in diesen Fällen:
- lediglich (unmittelbares) Rückwärtseinparken (Rangieren)
- Rückwärtseinfahren auf Richtungsfahrbahnen gegen die Fahrtrichtung
Verboten ist Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen aber dann,
- wenn es dazu dient, zu einer freien oder frei werdenden Parklücke zu gelangen,
- Entsprechendes gilt, wenn das Rückwärtsfahren dazu dient, einem Fahrzeug die Ausfahrt aus einer Parklücke zu ermöglichen, um anschließend selbst in diese einzufahren.
Im vorliegenden Fall fuhr die Beklagte einige Meter rückwärts, um dem ausparkenden Fahrzeug Platz zu machen. Das war nicht zulässig.
(BGH, Urteil v. 10.10.2023, VI ZR 287/22)
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.943
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
2.041
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.654
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.5782
-
Diese Compliance-Regelungen gelten für Geschenke und Einladungen
1.381
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.380
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.340
-
Patronatserklärungen: Wirkung, Varianten und praktische Bedeutung
1.333
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.169
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.110
-
Kfz-Versicherer verweigert Zahlung wegen angeblich manipuliertem Unfall
29.11.2024
-
Auto in Waschanlage beschädigt – wann der Betreiber haftet
26.11.2024
-
Unbemerkt 1,32 Promille durch Schnapspralinen?
15.11.2024
-
Keine Auferlegung der Anwaltskosten ohne Begründung
14.11.2024
-
Bei herbstlichem Laub muss man mit Glätte rechnen
08.11.2024
-
Anspruch auf Verdienstausfall bei unrichtiger AU
07.11.2024
-
Verkehrsunfall – Unfallopfer müssen Versicherung Vorschäden anzeigen
05.11.2024
-
Erleichterte Darlegungslast beim Schadenersatz
28.10.2024
-
Mietwagen ohne Übergabeprotokoll – muss der Mieter für angebliche Schäden haften?
14.10.2024
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
01.10.2024