Rz. 1765
Rz. 1766
LG Paderborn
Überquert außerhalb einer geschlossenen Ortschaft ein großer Hund die Fahrbahn und gerät der Fahrer des Kfz bei ca. 90 km/h und glatter Fahrbahn wegen seines Brems- und Ausweichmanövers gegen eine Leitplanke, ohne den Hund berührt zu haben, so haftet der Halter des Hundes zu 100 %.
Rz. 1767
BGH
Für die Haftungsbegründung des Tierhalters muss die von dem Tier ausgehende Gefahr nicht die einzige Ursache des eingetretenen Unfalls sein. Die Mitverursachung oder bloß mittelbare Verursachung ist ausreichend.
Rz. 1768
BGH
Der Halter eines Dackels haftet zu 100 %, wenn der Hund auf die Fahrbahn läuft und dort mit einem Motorradfahrer kollidiert.
Rz. 1769
OLG Brandenburg
Stürzt ein Radfahrer, weil er sich durch einen auf ihn zulaufenden Schäferhund erschreckt hat, haftet der Tierhalter zu 100 %. Das unkontrollierte Annähern eines ausgewachsenen Schäferhundes bis auf einen Abstand von drei Metern ist geeignet, eine Schreckreaktion bei einem Radfahrer hervorzurufen, umso mehr, wenn der Radfahrer – wie die Geschädigte – das 78. Lebensjahr bereits vollendet hat. Der Beklagte hat den Entlastungsbeweis nach § 833 S. 2 BGB nicht geführt. Die Anforderungen an die Aufsichtspflicht des Tierhalters richten sich nach dem Gefahrenpotential des Tieres sowie den bedrohten Rechtsgütern. Dabei ist insbesondere für eine Sicherung des auf angrenzenden öffentlichen Wegen stattfindenden Verkehrs zu sorgen. Selbst ein harmloser und gutmütiger Wachhund darf nicht ohne Beaufsichtigung gelassen werden, wenn er Dritten allein schon durch seine Größe und sein Gewicht gefährlich werden kann.
Rz. 1770
OLG Celle
Scheut ein Pferd wegen eines vorbeifahrenden Autos und wird die Person, die das Pferd führt, dabei verletzt, haften der Kfz-Halter und die Führerin des Pferdes jeweils zu 50 %, wenn sich bei keinem der Beteiligten ein Verschulden nachweisen lässt. Der Pkw-Fahrer haftet aus der Betriebsgefahr seines Kfz. Die Führerin des Pferdes haftet aus der Tiergefahr gemäß § 833 BGB. In diesem Fall wirkt sich das einem Pferd innewohnende wesensimmanente Gefährdungspotenzial und damit die verbundenen weitaus geringeren Möglichkeiten, auf es steuernd einzuwirken, aus. Demgegenüber steht die besondere Gefährlichkeit eines Kfz, die sich aus seiner Massse, seinen technischen Einrichtungen und seiner Geschwindigkeit zusammensetzt. Diese Faktoren haben das Scheuen des Pferdes verursacht.
Rz. 1771
OLG Hamm
Kommt ein Radfahrer zum Sturz, weil ein unangeleinter Hund in seine Nähe kommt, spricht der Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit des fehlenden Anleinens für den Unfall. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf Straßen und Anlagen Leinenzwang vorsieht. Unter diesen Umständen haftet der Hundehalter zu 100 %. Der Anscheinsbeweis greift in diesem Fall, weil der Hund etwa 20 bis 30 Meter von der Halterin entfernt unterwegs war. Wäre er angeleint gewesen, wäre es nicht zum Unfall gekommen.
Rz. 1772
OLG Bamberg
Gerät ein Jagdhund bei der Suche nach Wild auf die Fahrbahn und wird von einem Kfz angefahren, haftet der Tierhalter zu 100 % für den entstandenen Schaden.
Rz. 1773
LG Itzehoe
Verliert ein Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug, weil er einem auf der Straße stehenden Reh ausweichen möchte und fährt er in den Straßengraben, wo sein Fahrzeug erheblich beschädigt wird, kann er seinen Fahrzeugschaden als "Rettungskosten" gem. § 63 Abs. 1 S. 1 VVG bei seinem Versicherer (VR) geltend machen.
Rz. 1774
LG Koblenz
Verletzt ein zu schnell fahrender Omnibus ein Pferd, das von einer Person, die noch ein zweites Pferd führt, auf einer Straße geführt wird, besteht eine Mithaftung aus Tiergefahr von 30 %. Das Führen von zwei Pferden im Straßenverkehr ist nicht mit der nötigen Sorgfalt möglich und soll daher vermieden werden.
Rz. 1775
LG Coburg
Das Merkmal der objektiven Zurechenbarkeit bei der Tierhalterhaftung nach § 833 S. 1 BGB ist nicht erfüllt, wenn der Geschädigte nicht sachgerecht auf das Verhalten eines Tieres reagiert. Hiervon ist auszugehen, wenn es sich um einen nicht besonders großen und nicht besonders gefährlich wirkenden Hund handelt, der Hundehalter in unmittelbarer Nähe seines Tieres war und dieses am Halsband festhielt. Angesichts dieser Situation bestand keine Veranlassung für ein abruptes Ausweichen, das ursächlich für den Sturz war.
Rz. 1776
LG München I
Auf einem Gehweg kam es zu einem Unfall, an dem eine Radfahrerin und ein Pferd beteiligt waren. Der Gehweg war weder für Fahrräder noch für Reitpferde freigegeben. Die Radfahrerin näherte sich dem Pferd von hinten und klingelte dabei. Beim Überholversuch berührte der Vorderreifen des Fahrrads den leicht erhöhten Randstein links neben dem Gehweg. Dabei stürzte die Radfahrerin. Sie hat keinen Schadenersatzanspruch gegen den Halter des Pferdes. Sie kann ihren Anspruch bei Gericht nicht darauf stützen, dass der Reiter trotz des Klingelns nicht nach recht...