Rz. 867
Rz. 868
OLG Oldenburg
Ein Fußgänger (1), der einen vorhandenen Gehweg nicht benutzt, haftet bei einem Unfall zu 20 % mit, wenn er von einem auf die linke Fahrbahn geratenden Pkw (2) eines alkoholisierten Fahrers erfasst und hierbei verletzt wird.
Rz. 869
OLG Hamm
Ein Fußgänger muss trotz zulässiger Benutzung der Fahrbahn nach § 25 Abs. 1 StVO bei erkennbarer Gefährdung durch ein entgegenkommendes Fahrzeug neben die Fahrbahn ausweichen, wenn dies ohne Schwierigkeiten möglich ist. Unterlässt er dies, haftet er mindestens zu 30 %, wenn er von einem entgegenkommenden Kfz erfasst wird.
Rz. 870
OLG Köln
Bei einem Unfall mit einem Fußgänger, der ohne vorheriges Schauen rückwärts die Straße betritt, haftet ein Kfz-Fahrer zu 50 %, wenn er als umsichtiger Fahrer das Fehlverhalten des Fußgängers wahrgenommen hätte. Das Verschulden hält sich die Waage. Die Betriebsgefahr des Kfz braucht nicht berücksichtigt zu werden.
Rz. 871
OLG Koblenz
Eine Gemeinde verstößt nicht gegen ihre Verkehrssicherungspflicht, wenn sie ein 40 cm langes und an der tiefsten Stelle 8 cm tiefes Schlagloch am äußersten Rand eines Flussuferwegs nicht ausbessert. Sie haftet nicht, wenn ein Fußgänger sich dort verletzt.
Rz. 872
OLG Koblenz
Verstößt ein Kraftfahrer (2) bei Dunkelheit gegen das Sichtfahrgebot gem. § 3 Abs. 1 S. 3 StVO, haftet er auch dann anteilig mit 30 % für die Folgen eines Verkehrsunfalls, wenn die Geschädigten (1) sich grob fahrlässig verhalten haben. Diese hätten als Soldaten in Tarnkleidung auf alle Fälle entsprechend der bestehenden Dienstvorschrift trotz Tarnkleidung auf der rechten Straßenseite laufen müssen und entsprechende Beleuchtung zur Kenntlichmachung mitführen müssen. Sie hätten, wenn sie sich schon verbotswidrig verhalten, mit besonderer Vorsicht auf das Herannahen von Kraftfahrzeugen achten, sich umsehen und erforderlichenfalls die Fahrbahn verlassen müssen. Sie hatten sich in besonders leichtfertiger Weise in erhebliche Gefahr begeben.
Rz. 873
OLG Frankfurt a.M.
Tritt ein Fußgänger aus einem Hofeingang auf einen gemeinsamen Geh- und Radweg gemäß Zeichen 240 zu § 41 StVO, muss er nicht mit einem nah an der Fassade entlangfahrenden Radfahrer rechnen. Der Radfahrer haftet unter diesen Umständen zu 100 %. Ihn trifft eine höhere Sorgfaltspflicht als den Fußgänger.
Rz. 874
OLG Frankfurt a.M.
Kommt es zu einem Unfall zwischen einem alkoholisierten Fahrer eines Pkw (2) und einem Fußgänger (1) auf dem Seitenstreifen einer Bundesstraße, so haftet der alkoholisierte Kraftfahrer (2) zu 100 %.
Rz. 875
OLG Nürnberg
Ein gegen das Sichtfahrgebot des § 3 Abs. 1 S. 3 StVO verstoßender Kraftfahrer (2) haftet zu 1/6, wenn er einen Fußgänger (1) verletzt, der alkoholisiert und unauffällig gekleidet bei Regenwetter und Dunkelheit trotz Vorhandenseins eines Fußwegs auf der Fahrbahn geht. Dem Führer des Pkw (2) ist vorzuwerfen, dass er den Grundsatz, auch noch vor einem überraschenden unbeleuchteten Hindernis rechtzeitig anhalten zu können, nicht beachtet hatte. Der Fußgänger (1) hatte grob fahrlässig gehandelt. Dass er betrunken war, kann ihn nicht entlasten. Trunkenheit eines Fußgängers ist zwar nicht strafbar, sie ist aber als grob fahrlässige Selbstgefährdung vorwerfbar.
Rz. 876
OLG München
Ein dunkel gekleideter Fußgänger, der sich während der Nachtzeit auf der Fahrbahn befindet, muss bei herannahenden entgegenkommenden Fahrzeugen die Fahrbahn nicht verlassen, wenn die Straße weder über einen Gehweg noch über einen Seitenstreifen verfügt. Ein Kraftfahrer verstößt gegen seine Sorgfaltspflicht, wenn es in der Nacht zu einem Zusammenstoß mit einem auf der Fahrbahn befindlichen Fußgänger kommt. Es gilt der Anscheinsbeweis.
Rz. 877
OLG Karlsruhe
Befindet sich am rechten Fahrbahnrand ein Gehweg, haftet ein Fußgänger (1) zu 100 % für einen Unfall, der dadurch entsteht, dass ein alkoholisierter Kraftfahrer (2) den ihm auf seiner Straßenseite entgegenkommenden Fußgänger überfährt. Die Tatsache, dass der Fahrer (2) alkoholisiert war, findet keine Berücksichtigung. Auch für einen nicht alkoholisierten Kraftfahrer wäre der Unfall unabwendbar gewesen.
Rz. 878
LG Hof
Ein Fußgänger, der nachts auf einer sich außerörtlich befindenden rechten Fahrbahnrandseite geht und von einem nachfolgenden Kfz angefahren wird, haftet zu 50 %, da er gegen das Gebot der Eigensicherung in grobem Maße verstoßen hat. Auf diese Art und Weise konnte er den Fahrzeugverkehr in die eigene Gehrichtung nicht beobachten. Schutzzweck von § 25 Abs. 1 StVO ist in erster Linie der Schutz des Fußgängers. Dieser ist vor allem bei Dunkelheit der Gefahr ausgesetzt, dass Kraftfahrer, die vom Gegenverkehr geblendet werden, Fußgänger an der rechten Seite leicht übersehen. Andererseits wird der Fußgänger durch ein Gehen auf der gegenüberliegenden Seite in die Lage versetzt, sich selbst auf ein entgegenkommendes Fahrzeug rechtzeitig einzustellen. Mittelbar wird dadurch auch ein Schutz der Kraftfahrer ermöglicht.