Rz. 1622
Rz. 1623
OLG Köln
Fährt ein Fahrer (2) mit einem Pkw aus einer Grundstückseinfahrt rückwärts auf die Straße und stößt dabei mit einem anderen Fahrzeug zusammen, dessen Fahrer (1) zur gleichen Zeit auf der Straße rückwärts fährt, trifft den überwiegenden Verursachungs- und Verschuldensanteil den Fahrer (2). Seine Haftung liegt bei 60 %.
Rz. 1624
OLG Stuttgart
Ein Kraftfahrer (2), der eine Grundstückseinfahrt zum Wenden benutzt, nimmt dennoch kein Wenden im Sinne von § 9 Abs. 5 StVO vor, sondern ein Ein- bzw. Ausfahren im Sinne des § 10 StVO. Er haftet nach den Regeln des Anscheinsbeweises, wenn er aus dem Grundstück zurückstößt und dabei mit einem Kfz (1) im fließenden Verkehr zusammenstößt. Er hätte auf alle Fälle anhalten müssen, als er die herankommende Fahrerin des anderen Fahrzeugs sah. Unter diesen Umständen haftet er zu 100 %.
Rz. 1625
LG Itzehoe
Fährt ein Kfz-Führer (2) von einem Grundstück in den fließenden Verkehr ein, und stößt dort nach kurzer Benutzung der Fahrbahn mit einem weiteren, von der gegenüberliegenden Straßenseite rückwärts in den fließenden Verkehr einfahrenden Grundstückausfahrer (1) zusammen, so ist eine Haftungsverteilung vorzunehmen. Der Fahrer (1) konnte den Unabwendbarkeitsbeweis nicht führen. Das Fahrmanöver der Fahrerin (2) (Rückwärtsfahren von der Grundstücksausfahrt bis auf die gegenüberliegende Fahrbahn) durfte wegen des damit verbundenen Zeitaufwandes von ihm nicht unbemerkt bleiben. Die Fahrerin (2) hat gegen die Pflichten aus den §§ 9 Abs. 5, 10 StVO verstoßen. Da jedoch die konkreten Zeitabläufe der beiden Einbiegevorgänge nicht geklärt werden können, ist die Kammer der Auffassung, dass trotz des überwiegenden Verschuldens der Fahrerin (2) die Betriebsgefahr des von dem Fahrer (1) geführten Fahrzeugs nicht völlig zurücktritt, sondern mit einer Quote von 20 % zu veranschlagen ist.
Rz. 1626
LG Fulda
Gelingt es bei einem Auffahrunfall nicht, den Beweis des ersten Anscheins für die Schadensverursachung zu entkräften, so bleibt es bei der Alleinhaftung des Auffahrenden. Zwar kann dieser Beweis des ersten Anscheins erschüttert oder ausgeräumt werden, wenn der Auffahrende die ernsthafte Möglichkeit eines anderen, atypischen Geschehensablaufs darlegt und beweist, was dann der Fall sein kann, wenn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das erste bzw. vorausfahrende Fahrzeug rückwärts gefahren sein kann, etwa um in eine verpasste Einfahrt einzufahren. Vorliegend konnte der Auffahrende aber den entsprechenden Anscheinsbeweis nicht entkräften.
Rz. 1627
AG Hadamar
Der Fahrer eines Lkw (2), der rückwärts aus einer Hofeinfahrt auf die Straße fährt und hierbei auf einen auf der Straße vorüberfahrenden Pkw (1) prallt, haftet zu 100 % für den so entstandenen Schaden, da das grobe Verschulden des Lkw-Fahrers die von dem Pkw ausgehende allgemeine Betriebsgefahr vollständig zurückdrängt. Den Pkw-Fahrer (1) trifft an dem Unfall kein Verschulden. Die von dem Pkw ausgehende allgemeine Betriebsgefahr wird durch das grobe Verschulden des Lkw-Fahrers vollständig zurückgedrängt.
Rz. 1628
AG Dortmund
Befindet sich ein Lkw (2) im Rückwärtsfahren und versucht ein Pkw (1) noch an diesem vorbeizufahren, so haftet der Lkw-Fahrer nur zu ⅔ für den Schaden am Pkw, der durch den Zusammenstoß beider Fahrzeuge verursacht wurde. Letztlich kommt es nur darauf an, dass es sich jedem Verkehrsteilnehmer erschließen musste, dass der Lkw-Fahrer bei der Rückwärtsbewegung die Straße so einengen würde, dass ein Passieren unmöglich bzw. nicht ohne ein gewisses Risiko möglich sein würde. Beiden Zeugenaussagen ist zu entnehmen, dass es sich um einen einheitlichen Abbiegevorgang handelte, bzw. der Lkw nie über einen längeren Zeitraum gestanden habe. Hinzu kommt, dass die Warnblinkanlage des Lkw eingeschaltet war. Dieses Fahrverhalten begründet ein Mitverschulden des Pkw-Fahrers zu ⅓.
Rz. 1629
AG Essen
Da sich einerseits der aus der Einfahrt rückwärts ausfahrende Fahrer (2) nicht vergewissert hat, dass die Fahrbahn frei ist und andererseits der auf der Straße fahrende Fahrer (1) das Rechtsfahrgebot nicht eingehalten hat, ergibt sich eine beidseitige Haftungsquote von 50 %. Der fließende Verkehr auf der Straße hatte gegenüber dem aus der Einfahrt ausfahrenden Kfz-Fahrer Vorfahrt. Wenn ihm die Sicht durch Hindernisse verdeckt gewesen ist, hätte er sich einweisen lassen müssen. Dem Fahrer (1) ist vorzuwerfen, dass er das Rechtsfahrgebot nicht beachtet hat. Er ist nicht nur zum Teil, sondern mit dem ganzen Pkw in der Gegenspur gefahren. Wenn er wie vorgeschrieben auf der rechten Seite der Straße gefahren wäre, wäre es nicht zu der Kollision gekommen.
Rz. 1630
AG Hohenstein-Ernstthal
Fährt ein Fahrzeugführer auf einem Firmengelände rückwärts aus einer Parklücke und stößt er dabei mit einem stehenden Pkw zusammen, dessen Fahrer darauf wartet, aus der Ausfahrt des Firmengeländes in den fließenden Verkehr einfahren zu können, haftet der Rückwärtsfahrende zu 100 %. Die Betriebsgefahr des ande...