Rz. 773

 

Rz. 774

LG Frankfurt a.M.[728]

Wechselt ein Taxi (1) am Ende eines Sonderstreifens auf die Normalspur, so stellt dies einen Fahrspurwechsel dar. Kommt es unmittelbar hinter dem Ende des Sonderfahrstreifens zu einer Kollision zwischen dem den Sonderstreifen verlassenden Taxi (1) und einem Pkw (2), der von der linken auf die nunmehr für den allgemeinen Verkehr zugelassene Fahrspur wechselt, so beträgt die Haftung von (1) und (2) jeweils 50 %.

 

Rz. 775

OLG Dresden[729]

Auf ein unabwendbares Ereignis kann sich nicht berufen, wer zu einem Verkehrsunfall durch das Überfahren einer durchgezogenen Linie beigetragen hat. Der nichtberechtigte Benutzer einer Busspur kann gegenüber einem rechtsabbiegenden Verkehrsteilnehmer keinen Vorrang des Geradeausfahrenden in Anspruch nehmen. Bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ist in Ermangelung besonderer Umstände eine Haftungsquote von ⅔ für den Geradeausfahrenden nicht zu beanstanden.

 

Rz. 776

LG Hamburg[730]

Grundsätzlich gilt der Vorrang auf einem ausgewiesen Sonderfahrstreifen nur für berechtigte Sonderfahrzeuge, § 9 Abs. 3 S. 2 StVO. Schutzzweck des § 9 Abs. 3 S. 2 StVO ist allerdings die Vermeidung von Störungen für den Personenbeförderungsverkehr, nicht aber der Schutz des Querverkehrs. Wird ein Sonderfahrstreifen unberechtigt genutzt, findet der Vorrang des § 9 Abs. 3 S. 1 StVO Anwendung. Der Verstoß des den Sonderfahrstreifen benutzenden Fahrers gegen § 9 Abs. 3 StVO führt zu einer erhöhten Betriebsgefahr des klägerischen Pkw, hinter der die einfache Betriebsgefahr des anderen Unfallbeteiligten Fahrzeugs zurücktritt. Der Fahrer des den Sonderstreifen benutzenden Pkw haftet zu 100 %.

 

Rz. 777

KG[731]

Es ist verboten, die Busspur zu benutzen, um am stehenden Verkehr vorbei eine Parklücke schneller zu erreichen (§ 254 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 StVG, §§ 1 Abs. 2, § 41 Abs. 1 StVO). Kommt es zu einem Zusammenstoß mit einem im Gegenverkehr nach links abbiegenden Kfz, haftet der auf der Busspur Befindliche zu ⅓.

 

Rz. 778

KG[732]

Bei den Vorschriften über den Sonderfahrstreifen ("Busspur") handelt es sich nicht um ein Schutzgesetz zugunsten sorgfaltswidriger Linksabbieger. Der Verkehrsteilnehmer, der unbefugt einen gekennzeichneten Sonderfahrstreifen benutzt, verliert dadurch nicht die ihm vor einem Linksabbieger im Begegnungsverkehr zustehende Vorfahrt. Die Wartepflicht hängt nicht von der Fahrstreifenwahl des Gegenverkehrs ab, zumal dem Linksabbieger die Beschilderung der Fahrstreifen des Gegenverkehrs nicht erkennbar ist. "Vorsichtig hineintasten" im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 3 StVO bedeutet zentimeterweises Vorrollen bis zum Übersichtspunkt mit der Möglichkeit, sofort anzuhalten. Bei einer Kollision zwischen einem sorgfaltswidrigen Linksabbieger und einem Geradeausfahrer, der mit den Verhältnissen nicht angepasster Geschwindigkeit und bei Ampelausfall und Stau unberechtigt auf die Busspur ausweicht, haftet jeder zu 50 %.

 

Rz. 779

LG Wuppertal[733]

Ein Busfahrer (1), der aus einer Busspur in den Fahrstreifen für Linksabbieger überwechselt, haftet zu 50 % bei einem Zusammenstoß mit einem von der Geradeausspur ebenfalls auf die linke Spur überwechselnden Pkw (2).

 

Rz. 780

AG Recklinghausen[734]

Der Fahrer eines Pkw haftet allein für die Schäden aus einem Unfall mit einem Lkw, wenn er bei Staubildung auf der Autobahn ohne Veranlassung den Seitenstreifen befährt und dabei mit einem rechts ausscherenden Lkw kollidiert. Zum einen hat er verbotswidrig den rechten Seitenstreifen auf der Autobahn benutzt, was einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO darstellt. Zum anderen hat er in unzulässiger Weise rechts überholt, was einen Verstoß gegen § 5 StVO darstellt. Die Betriebsgefahr des Lkw bleibt unter diesen Umständen unberücksichtigt.

[728] DAR 1993, 393.
[730] SP 2008, 137.
[732] NZV 2008, 297.
[733] VRS 1985, 411.
[734] SP 2014, 333.

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