Rz. 1337
Rz. 1338
OLG Hamm
Die Betriebsgefahr eines Pkw (2) tritt vollständig hinter der erhöhten Betriebsgefahr eines Lkw (1) zurück, wenn der Pkw gegen die ohne Absicherung 2 m weit in den Verkehrsraum ragende und waagrecht angehobene Ladebordwand eines in zweiter Reihe parkenden Lkw fährt. Der Unfall wurde überwiegend durch den Lkw verursacht. Die Laderampe war in einer denkbar ungünstigen optischen Position für den nachfolgenden Verkehr. Dies ergibt sich aus der Abwägung der beiden Verursachungsbeiträge im Rahmen von § 17 Abs. 1 StVG. Durch grob verkehrswidriges Verhalten des Fahrers des Lkw war dessen Betriebsgefahr erhöht. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Ladebordwand weder durch Warnkegel noch durch Batterieblinkkegel abgesichert war. Die Tatsache, dass die Warnblinkanlage des Lkw eingeschaltet war, ändert hieran nichts. Der Fahrer des Lkw (1) haftet zu 100 %.
Hinweis
Nach § 53b StVZO sind Ladebordwände ab dem 1.1.1993 gut sichtbar kenntlich zu machen. Produzenten von Ladebordwänden (Hubladebühnen) für den deutschen Markt müssen beachten, dass diese Produkte so beschaffen sind, dass der Käufer (Betreiber) durch ihre Inbetriebnahme nicht gegen die strenge deutsche Unfallverhütungsvorschrift "Hebebühnen VBG 14" verstößt (ABl EG 1993 C 32/42).
Rz. 1339
BGH
Das Entladen von Öl aus einem Tankwagen mit einer dort angebrachten Pumpe gehört zum "Gebrauch" des Kfz. Fließt beim Entladen wegen eines undichten Schlauchs Heizöl auf die Straße vor dem Haus, ereignet sich das beim Betrieb des Kfz. Der Schaden, der beim Entladen entsteht, ist "durch den Gebrauch" des Kfz entstanden, wenn das Hantieren mit dem zum Entladen benutzen Fahrzeugteil für die schadensstiftende Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe geschehen war.
Rz. 1340
KG
Der Fahrer eines Omnibusses begeht eine Sorgfaltspflichtverletzung gem. § 1 StVO, wenn er sich für kurze Zeit vom Bus wegbewegt und dabei die Klappe des Laderaums, welche in geöffnetem Zustand knapp 90 cm übersteht, offen stehen lässt und deshalb in einer Breite von ca. 40 cm den Verkehr auf der angrenzenden Fahrbahn behindert. Der am Unfall beteiligte Lkw-Fahrer, der mit der offenstehenden Ladeklappe des Busses zusammengestoßen ist, haftet nicht, wenn der Buseigentümer nicht nachweisen kann, dass der Lkw-Fahrer sich nicht der Verkehrssituation angepasst verhalten hat bzw. hätte ausweichen können und der Lkw-Fahrer bereits den maximalen Seitenabstand ausgeschöpft hat. Auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass die Äußerungen, die unmittelbar am Unfallort durch die Beteiligten getätigt werden, wahrscheinlicher sind als Angaben, die Monate oder Jahre später gemacht werden.
Rz. 1341
OLG Saarbrücken
Befährt ein Radfahrer die Straße und muss er wegen eines geparkten Lkw auf den Gehweg ausweichen, haftet er zu 100 %, wenn er wegen eines Gabelstaplers, desen Zinken in den Gehweg ragen, stürzt. Dies gilt insbesondere dann, wenn er hiervor gewarnt worden war, indem ein Bediensteter auf den Gabelstapler zeigte und "Vorsicht, Stapler" bzw. "Halt, Stopp" rief. Es ist angesichts dieser Tatsachen für das Gericht nicht glaubhaft, dass der Fahrradfahrer, hätte er sich tatsächlich mit der Gehgeschwindigkeit eines Fußgängers angenähert, weder den abgestellten Gabelstapler noch die beiden in grünen Warnwesten auf dem Gehweg befindlichen Zeugen, die ihn durch Zuruf warnten, gesehen hätte. Nach Überzeugung des Gerichts war der Radfahrer mit weitaus höherer als Gehgeschwindigkeit unterwegs. Der Gabelstapler war so abgestellt, dass auf dem Gehweg noch genügend Platz blieb, um gefahrlos an dem Gabelstapler – auch unter Berücksichtigung seiner in den Gehweg hineinragenden Gabel – vorbeigehen zu können.
Rz. 1342
OLG Saarbrücken
Der Halter eines als Getränkeausschank konstruierten Anhängers haftet unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung für den Schaden eines Autofahrers, den dieser erleidet, weil er im Bereich eines Volksfestes gegen die ausgestellte Klappe des Getränkeausschanks anstößt, nur dann, wenn der Anhänger oder seine Aufbauten zum Zeitpunkt des Anstoßes in den öffentlichen Verkehrsraum hineinragten. Nach einer vor der StVG-Novelle geltenden Rechtsprechung befindet sich ein geparkter Anhänger im Betrieb des ziehenden Kfz, solange ein Teil des Anhängers in den Verkehrsraum hineinragt. Demgegenüber wird ein Schadensfall von der Haftpflicht nach § 7 StVG nicht erfasst, wenn der Anhänger außerhalb von Verkehrsflächen abgestellt wurde.
Rz. 1343
OLG Nürnberg
Die Schadensursächlichkeit einer Betriebsvorrichtung führt nur dann zur Haftung nach § 7 StVG, wenn sich in dem Unfallereignis eine Gefahr verwirklicht, die aus der Eigenschaft des Kfz oder Anhängers als Verkehrsmittel herrührt. Anhänger können aber genauso wie Kfz auch insoweit eine besondere Gefahr begründen, als sie beweglich sind, also bestimmungsgemäß im öffentlichen Verkehrsraum bewegt werden und deshalb mit höherer Wahrscheinlich...