Rz. 152
Rz. 153
OLG Karlsruhe
Kommt es zu einem Unfall, weil ein Lkw mit Anhänger (1) außerorts bei Dunkelheit wegen eines Hindernisses nicht vollständig in ein Grundstück einfahren kann, haftet der Lkw-Fahrer (1) zu 75 %. Der mit ca. 102 km/h herankommende Fahrer des Pkw (2) sieht mangels Seitenbeleuchtung den Anhänger zu spät und haftet aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zu 25 % mit. Die Betriebsgefahr eines in die Fahrbahn hineinragenden Lkw kann die Betriebsgefahr eines auf der Fahrbahn befindlichen Pkw übertreffen.
Rz. 154
OLG Schleswig
Will ein Fahrzeugführer (1) links in ein Grundstück einbiegen und verletzt er dabei seine Pflicht zum zweimaligen Zurückschauen, haftet er zu 50 %, wenn er mit einem überholenden Kfz (2) zusammenstößt. Diese Quote beruht darauf, dass Fahrer (2) überholen wollte, obwohl die Verkehrssituation unklar war.
Rz. 155
OLG Brandenburg
Kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen einem Linksabbieger und einem Fahrzeug des Gegenverkehrs auf dessen Fahrbahnseite, spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen Verkehrsverstoß des Linksabbiegers. Der Anscheinsbeweis wird allerdings erschüttert, wenn der Linksabbieger darlegt und beweist, dass er sich beim Abbiegen pflichtgerecht verhalten hat. Hierzu genügt es, wenn Tatsachen nachgewiesen werden, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass der Vorfahrtberechtigte für den Abbiegenden bei Beginn des Abbiegevorgangs noch nicht sichtbar war. Ist darüber hinaus eine Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 10 km/h beim Entgegenkommenden nachgewiesen, führt dies zu einer Haftung 50:50.
Rz. 156
KG
Kollidiert ein Kfz beim Linksabbiegen in eine Grundstückseinfahrt mit einem anderen Kfz, das neben der Einfahrt vom Fahrbahnrand anfährt, haftet jeder Beteiligte zu 50 %. Der nach links abbiegende Fahrer hatte bei seinem Fahrmanöver die gem. § 9 Abs. 5 StVO erforderliche Sorgfaltspflicht zu beachten. Er musste sicherstellen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Der Vorgang des Anfahrens vom Fahrbahnrand endet nicht schon mit dem Verlassen der Parkposition, sondern erst, wenn sich der Anfahrende so weit von der parkenden Stelle entfernt und sich in seinem Fahrverhalten dem Verkehrsfluss angepasst hat, dass die Tatsache des Anfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr für den weiteren Ablauf ursächlich sein kann.
Rz. 157
OLG Hamm
Ein Linksabbieger darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ein entgegenkommendes Fahrzeug, das auf einer mit dem Zeichen 297 Anlage 2 zu § 41 StVO gekennzeichneten Linksabbiegerspur fährt, seiner Verpflichtung entsprechend tatsächlich links abbiegen wird. Es besteht daher grundsätzlich keine Wartepflicht des Linksabbiegers gegenüber einem auf einer so gekennzeichneten Linksabbiegerspur entgegenkommenden Fahrzeug. Die Fortsetzung der Fahrt in gerader Richtung im Kreuzungsbereich von der lediglich für den Linksabbiegerverkehr gewidmeten und freigegebenen Fahrbahn offenbart eine rücksichtslose Einstellung gegenüber den allgemeinen Regeln des Miteinanders im Straßenverkehr. Der Verstoß ist derart schwerwiegend, dass ein denkbarer Verstoß der Abbiegenden gegen § 9 Abs. 3 StVO dahinter zurücktritt. Gem. § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG haftet der geradeaus Fahrende zu 100 %. Der Unfall beruhte nicht auf höherer Gewalt (§ 7 Abs. 2 StVG) und war auch für keinen der beteiligten Fahrzeugführer unvermeidbar i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG.
Rz. 158
OLG Hamm
Eine Lichtzeichenanlage bedeutet nicht immer zugleich den Schutz für einen aus einem Grundstück ausfahrenden Verkehrsteilnehmer. § 10 StVO ist zu berücksichtigen. Kommt es in diesem Zusammenhang zu einem Unfall mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Missachtung der dem einfahrenden Fahrer obliegenden gesteigerten Sorgfaltspflicht. Hat der andere Verkehrsteilnehmer gegen das von der Lichtzeichenanlage ausgesprochene Haltegebot verstoßen, kann das dazu führen, dass die Betriebsgefahr seines Kfz nicht zurücktritt. Der aus dem Grundstück Ausfahrende haftet zu 75 %, der andere zu 25 % aus der Betriebsgefahr seines Kfz.
Rz. 159
OLG Düsseldorf
Die Betriebsgefahr eines Fahrzeugs, dessen Fahrer die Sorgfalt des § 9 Abs. 5 StVO außer Acht lässt und in ein Grundstück oder einen grundstückähnlichen Bereich abbiegt, ist doppelt so hoch zu bewerten wie die Betriebsgefahr des Fahrzeugs, desssen Fahrer den Abbieger in unzulässiger Weisde überholt. Er hatte bei unklarer Verkehrslage überholt und haftet deshalb mit 40 %.
Rz. 160
OLG Düsseldorf
Ein Überholverbot entbindet einen Linksabbieger nicht von seiner doppelten Rückschaupflicht. Der Anscheinsbeweis zugunsten des Überholenden ist jedoch nicht anwendbar, wenn dieser trotz Überholverbot überholt. Ihm ist vorzuwerfen, bei unklarer Verkehrslage und zudem unter Missachtung des Überholverbots überholt zu haben. Unter diesen Umständen haften beide Beteiligte jeweils zu 50 %.
Rz. 161
OLG Düsseldorf
Ein Auffahrender kann sich nicht auf den ...