Rz. 16
Zum aktuellen Vermögensbestand zählt das gesamte derzeit dem Mandanten zuzurechnende Vermögen bzw. das zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandene und dem Erblasser zuzuordnende Vermögen. Es ist ratsam, ein Vermögensverzeichnis zu erstellen, in dem alle Vermögensgegenstände des Mandanten bzw. des Erblassers aufgelistet werden. Dabei sind die einzelnen Gegenstände getrennt nach den verschiedenen Vermögensarten (Immobilien, bewegliches Vermögen, Forderungen etc.) zu erfassen. Im Einzelfall ist auch die Frage der Vererblichkeit der einzelnen Vermögensgegenstände gesondert zu prüfen.
Rz. 17
Handelt es sich bei Vermögensteilen beispielsweise um Vorerbenvermögen, kann der Erblasser hierüber nicht oder nur eingeschränkt verfügen und es auch nicht vererben, da es nicht zu seinem zukünftigen Nachlass zählt. Bei Eheleuten ist insbesondere zu klären, welcher der Ehegatten im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. Bei Unklarheiten muss unbedingt eine Grundbuchanfrage erfolgen. Auch bei Zweifeln über das Vorhandensein etwaiger weiterer Grundstücke sollten alle in Frage kommenden, wenigstens aber die benachbarten Grundbuchämter zur Sicherheit angeschrieben werden.
Rz. 18
Auch hinsichtlich der Bankkonten von Ehegatten ist unbedingt zu klären, auf wessen Namen diese lauten bzw. welche weiteren Vereinbarungen über die Guthaben bestehen und wie diese dokumentiert sind. Insbesondere ist hier das Bestehen von Gemeinschaftskonten zu prüfen. Diese unterteilen sich in Und- und Oder-Konten, wobei die Unterschiede vor allem in der Verfügungsbefugnis und der Zuordnung des Vermögens zu den Kontoinhabern liegen.
Rz. 19
In einem weiteren Schritt ist festzustellen, ob einer der Vermögensgegenstände des Nachlasses besondere erbrechtliche Komplikationen verursacht. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn zum Nachlass eine oder mehrere Auslandsimmobilien gehören. In solchen Fällen kann es insbesondere vorkommen, dass das konkrete ausländische Erbrecht das "Recht des Lageortes" als maßgeblich ansieht.
Rz. 20
Besonderheiten können bei der Vererbung landwirtschaftlicher Anwesen auftreten. Da etwa die Höfeordnung der vier nordwestdeutschen Länder Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein ein besonderes Erbstatut darstellt, gilt für einen Hof im Sinne der Höfeordnung eine Sondererbfolge. Daneben bestehen in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Bremen landesrechtliche Anerbenrechte, die jedoch eine besondere Qualifikation des Hofes als Anerbenhof voraussetzen – etwa durch Eintragung in die Höferolle – und die nicht ausnahmslos eine Sondererbfolge vorsehen, sondern teilweise auch nur ein vermächtnisähnliches Recht des Anerben.
Rz. 21
Ist der Hof nicht oder nicht mehr von höferechtlichen Sonderregelungen erfasst, gilt sogenanntes Landgutrecht (§§ 2049, 2312 BGB, §§ 13 ff. GrdstVG). Danach erlangt der zur Fortführung des Landgutes berufene Erbe nur über das besondere Zuweisungsverfahren gemäß §§ 13 ff. des Grundstückverkehrsgesetzes das Eigentum am Landgut. Insoweit gibt es also keinen erbrechtlichen Von-Selbst-Erwerb. Derjenige Miterbe, der das Landgut weiterführen will, muss sich vielmehr mit den übrigen Miterben einigen, dass er im Rahmen der Erbauseinandersetzung das Landgut erhält. Gelingt ihm dies nicht, ist er, wie oben bereits erwähnt, auf das Zuweisungsverfahren gemäß §§ 13 ff. Grundstückverkehrsgesetz angewiesen. Im Einzelfall kann dies zu einer unerträglich langen Zeit der Ungewissheit mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen, die den Fortbestand des Betriebes insgesamt in Frage stellen können. Aus diesem Grunde sollte im Bereich des Landgutrechtes stets darauf geachtet werden, dass der ausersehene Nachfolger das Landgut wenn nicht als Erbe, so doch wenigstens als Vermächtnisnehmer erhält.
Rz. 22
Befindet sich im Nachlass ein Anteil an einer Personengesellschaft, gilt der Grundsatz, dass das Gesellschaftsrecht dem Erbrecht vorgeht (§ 2 EGHGB). Voraussetzung dafür, dass der Gesellschaftsanteil eines persönlich haftenden Gesellschafters überhaupt vererblich ist, ist eine entsprechende gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die eine Nachfolge in die Gesellschafterstellung für den Fall des Todes eines Gesellschafters ermöglicht (Nachfolgeklausel). Fehlt eine derartige vertragliche Nachfolgeregelung, gelten bei den verschiedenen Personengesellschaftsformen die nachfolgenden Grundsätze:
Rz. 23
Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, sofern sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt (§ 727 Abs. 1 BGB).
Rz. 24
Für die OHG bestimmt § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB, dass der Tod eines Gesellschafters nur das Ausscheiden des Verstorbenen zur Folge hat. Die Gesellschaft wird dann grundsätzlich unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Dasselbe gilt gemäß §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB auch für den Fall des Todes des Komplementärs einer Kommanditgesellschaft. Die gesetzliche Regelung ist aber dispositiv, so d...