Rz. 23

In der Verbundsache steht das Mandat in der Versorgungsausgleichssache in engster Verbindung zu der Scheidungssache. Gleiches gilt bei Versorgungsausgleichsmandaten, die im Zusammenhang mit der Aufhebung einer Ehe erteilt werden, auch wenn der verfahrensrechtliche Zusammenhang hier nicht so eng ausgestaltet ist wie bei den Scheidungssachen, weil bei der Aufhebung einer Ehe das Verbundprinzip nicht gilt. In beiden Fällen kommt ein Verfahren über den Versorgungsausgleich aber erst in Betracht, wenn das Ehezeitende erreicht ist, d.h. wenn der Scheidungs- oder Aufhebungsantrag zugestellt ist (vgl. § 3 Abs. 1 VersAusglG), so dass das Ende des vorausgehenden Monats dann als Ehezeitende gilt. Im Vorfeld lässt sich nur wenig unternehmen: Will man das später kommende Scheidungsverfahren beschleunigen, sollte so schnell wie möglich eine Klärung der Rentenkonten der beiden Eheleute in der gesetzlichen Rentenversicherung herbeigeführt werden; denn diese ist Voraussetzung dafür, dass später die Auskünfte der Rentenversicherung im Versorgungsausgleichsverfahren gegeben werden können. Je nachdem, ob eine schnelle Scheidung gewünscht ist oder nicht, kann auf diese Weise zumindest etwas gesteuert werden. Gerade bei Personen, die einen Teil ihres Erwerbslebens im Ausland zugebracht haben, kann die Klärung der Rentenkonten längere Zeit erfordern.

 

Rz. 24

In Betracht kommt auch, schon vor dem Ehezeitende Auskunft von dem anderen Ehegatten und ggf. ergänzend von dessen Versorgungsträgern Auskunft nach § 4 VersAusglG über bestehende Versorgungsanrechte zu verlangen, um ausloten zu können, ob Potential für eine Vereinbarung zum Versorgungsausgleich besteht und welche Gefahren bei einzelnen Anrechten lauern. Dieser Anspruch kann selbstständig nur vor dem Ende der Ehezeit geltend gemacht werden. Ist die Scheidungssache bereits anhängig, fällt die gerichtliche Durchsetzung dieses Anspruchs in den Verhandlungs- und Entscheidungsverbund.[6]

 

Rz. 25

Bereits jetzt können auch die ersten Überlegungen dazu angestellt werden, ob auf den Versorgungsausgleich verzichtet werden soll, weil die Ehezeit drei Jahre nicht überschreiten wird, so dass der Versorgungsausgleich nur auf Antrag stattfindet (vgl. § 3 Abs. 3 VersAusglG). Insoweit trifft den anwaltlichen Berater eine hohe Beratungslast, denn die Kürze der Ehe sagt nur bedingt etwas über die Höhe der Versorgungsanrechte aus, die in dieser Zeit erworben wurden. Im Regelfall besteht in den Kurzzeitehen-Fällen zwar kein Bedarf an einem Versorgungsausgleich, weil die Differenz der erworbenen Anrechte regelmäßig nicht groß ist.[7] Wenn aber Nachzahlungsfälle in der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegen oder durch Einmaleinzahlungen private Anrechte (v.a. Lebensversicherungen) begründet worden sind, können auch in einer kurzen Ehezeit ganz erhebliche Ausgleichsbeträge zusammenkommen. Umgekehrt sollte aber auch die Antragstellung gut überlegt sein, damit nicht am Ende der eigene Mandant als Nettoverlierer im Versorgungsausgleich dasteht – und das nur, weil er einen Antrag auf Durchführung des Antrags bei der Scheidung gestellt hat. Die für den Berater missliche Situation wird dadurch verschärft, dass der Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs bei der Scheidung nur im Scheidungsverfahren gestellt werden kann.[8] Er muss also spätestens 14 Tage vor der letzten mündlichen Verhandlung gestellt sein. Unterbleibt der Antrag, obwohl er für den Mandanten zu einem insgesamt positiven Ergebnis geführt hätte, dann wird der Berater schadensersatzpflichtig, wenn er über diesen Umstand nicht hinreichend aufgeklärt hat. Eine möglichst frühe Befassung mit der Problematik ist deswegen sinnvoll.

 

Rz. 26

Ist das Ehezeitende bereits erreicht, sollten ggf. der bzw. die Versorgungsträger des anderen Ehegatten über das anhängige Verfahren informieren, um ihn bösgläubig zu machen. Nimmt der Versorgungsträger dann Verfügungen über die betroffenen Anrechte vor, handelt er gegen das gesetzliche Verbot des § 29 VersAusglG und macht sich dann dem Ausgleichsberechtigten gegenüber selbst nach § 823 Abs. 2 BGB schadenersatzpflichtig. Der Versorgungsträger muss dann das verminderte oder zum Erlöschen gebrachte Anrecht neu begründen, soweit es auf den Ausgleichsberechtigten zu übertragen ist.[9] Gerade in Fällen mit Auslandsberührung, an denen Nicht-EU-Bürger beteiligt sind, darf ein solches Risiko nicht unterschätzt werden. Kehrt ein solcher Ehegatte in sein Heimatland zurück, können ggf. sogar Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen sein, wenn der Ausgleichspflichtige sich rechtzeitig die geleisteten Beiträge erstatten lässt.

[7] BT-Drucks 16/10144, S. 48. Auch in der Ehe von drei Jahren Dauer, in der nur ein Ehegatte erwerbstätig ist und das Durchschnittsgehalt aller Versicherten in den Deutschen Rentenversicherung verdient, werden in dieser Zeit aber 3 Entgeltpunkte erworben, die derzeit (2016) einen aktuellen Rentenwert von 30,45 EUR haben, so dass dann, wenn kein ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?